Lied eines fränkischen Mädchens.

Bemerkung von 1836 [1]

Ich bin ein fränkisches Mädchen,
 Gar vieles ist mir bekannt;
 Ich dreh' an allerlei Rädchen,
 Ich spinn' an allerlei Fädchen,
 Geschickt mit Fuß und mit Hand.
Ich bin ein fränkisches Mädchen,
 Alles ist mir bekannt;
 Nur eins nicht kann ich verstehen,
 Wie jetzt die Reden gehen
 Von Freiheit und Vaterland.
Wenn ich die Nacht durch darf tanzen,
 So hab' ich Freiheit genug;
 Und, denk' ich wohl, mein Vater
 Genug des Landes hat er
 Für mehr als einen Pflug.
Es sind Aufrufe ergangen,
 Freiwillig in Krieg hinaus
 Soll ziehn, wer groß genug ist;
 Ich aber denke, wer klug ist,
 Der bleibt bei mir zu Haus.
Ich höre von Reußen und Preußen,
 Daß da die Mädchen wohl auch
 Gar ihrem Bräutigam rathen
 Zu Krieg und blutigen Thaten;
 Das ist hier nicht der Brauch.
Wozu sind Bursch' auf der Welt denn,
 Als um zu tanzen mit mir?
 Ich hatte versprochen mit achten
 Zu tanzen auf Weihnachten;
 Es blieben von achten nur vier.
Vier mußten werden Soldaten,
 Ist es nicht Schade dafür,
 Daß Flinten sie müssen tragen,
 Und todt sich lassen schlagen,
 Und wissen nicht, wofür?
Und werden hätten's müssen
 Die andern vier wohl auch,
 Wenn nicht mit klugen Sinnen
 Sie hätten geflennt und gegrinnen
 Nach gutem Soldatenbrauch.
Ei, ihr vier trotzigen andern,
 Was habt ihr's nicht auch so gemacht?
 Ich hätte für euer Greinen
 Noch einmal so gern zu meinen
 Mittänzern euch gemacht.
Statt dessen mögt ihr es haben,
 Daß ihr nun ein Gewehr
 Statt Schaufeln und Misthacken
 Müßt tragen auf euern Nacken,
 Das noch einmal so schwer.
Statt dessen mögt ihr es haben,
 Ist es nicht klagenswerth?
 Daß, statt Ochsen und Farren
 Einzuspannen im Karren,
 Ihr sitzen müßt auf dem Pferd.
Wenn ihr mit Koth besudelt
 Heim kämt, so wär' es gut,
 Aber ich kann's nicht sehen,
 Daß ihr sollt vor mir stehen
 Roth von Franzosenblut.
Was haben euch denn die Franzosen
 Gethan in aller Welt?
 Sie haben doch vor allen
 Viel besser mir gefallen
 Als jetzt der Kosack mir gefällt.
Laßt sie nur wiederkommen,
 Mich schlagen sie nicht todt;
 Mit ihnen auszukommen
 Mach' ich zu meinem Frommen
 Eine Tugend aus der Noth.
So bin ich fränkisches Mädchen,
 So ist mein deutscher Sinn;
 Ich dreh' an allerlei Rädchen,
 Ich spinn' an allerlei Fädchen,
 Doch Deutsches ist nichts darin.
So bin ich fränkisehes Mädchen,
 Und, sränkischer Bursch, bist du
 Gut deutsch wie ich nicht minder,
 So nimm mich, und laß Kinder
 Uns zeugen in Fried' und Ruh.
Die Kinder will ich dann säugen
 Mit meinem deutschen Blut;
 Damit im fränkischen Lande
 Künftig in ihrer Schande
 Nicht aussterbe die Brut!
[1]Unter den vorstehenden kriegerischen Spott- und Ehrenliedern fand sich bei ihrer ersten Erscheinung eines, dessen ungemäßigt scharfer Ton nothwendig mißverstanden werden, und dem Dichter den Unwillen seiner nächsten Landsleute zuziehen mußte. Es ist das durch den ihm nachtretenden Widerruf nunmehr zurückgenommene „Lied eines fränkischen Mädchens.“ (Bemerkung von 1836.)

Anmerkungen

Farre

Das geschlechtsreife männliche Hausrind heißt Stier, in Deutschland auch Bulle und wird auch als Samenochse, Samenrind, Farre, Farren, Fasel oder Faselochse bezeichnet, im Südbadischen und Allgäuerischen als Hägel, Häge, Haigel oder Hage, im Schweizerdeutschen oft als Muni und im Schwäbischen als (der) Hummel bezeichnet, was das Schimpfwort hummeldumm (dumm wie ein Stier) erklärt.

siehe auch Wikipedia