Sie, in des Wintereises Kern¶
15.
Sie, in des Wintereises Kern geboren,
Als keine Blum' im Feld zu blühen wagte;
Und, als der Frühling auf den Fluren tagte,
Vom Winterhauch des kalten Tods erfroren;
Beweis Sie, daß vor allen Blumenfloren
Sie gleich als eine Wunderblume ragte,
Die durch ihr Blühn und durch ihr Welten sagte:
Durch mich verkehret sich der Lauf der Horen!
Als Sie zur Blüthe sich entschloß, besonnte
Der Winter sich an Ihrem Strahlendochte;
Der Lenz erblich, als Sie zu fliehn begonnte.
Welch Herz war Winter g'nug, daß es nicht kochte,
Wenn Sie es glühen wollt', und welches konnte
Noch Frühling sein, wenn Sie ihm zürnen mochte?
Anmerkungen¶
- Die Horen
(latinisiert Horae, »die Zeiten«, »die Jahreszeiten«) sind in der griechischen Mythologie die Göttinnen, die das geregelte Leben überwachen. Das griechische Wort hōra bedeutet »Zeit« oder »Zeitabschnitt«; es kann ein Jahr, eine Jahreszeit, eine Tageszeit oder eine Stunde bezeichnen.
Sie sind als Töchter des Zeus und der Themis Göttinnen der griechischen Mythologie. Sie wachen wohlgesinnt über das Menschenwerk und bewachen, wie Homer in der Ilias berichtet, die Himmelstore, indem sie das dichte Gewölk unter Donnerdröhnen weg- oder vorschieben. Ihre Namen wechseln je nach Quelle.