Schlief ich neulich

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Schlief ich neulich in der Liebsten Hause,
 Aber freilich nicht in ihrer Kammer,
 Sondern in der Gaststub’ oben drüber,
 Oben ich, sie unten, und dazwischen
 Eine kalte, starre Stubendecke.
 Als sie nun zu Bette war gegangen
 Den Pantoffel hatt’ ich rauschen hören
 Sah ich kühlungathmend aus dem Fenster.
 Keine Kühlung war da zu erathmen
 In des nächtigen Lüften; denn in ihrem
 Odem glaubt’ ich einen andern Odem
 Zu empfinden; und als ich nun lauschend
 Mit dem Ohr mich neigte, hört’ ich wirklich
 Aus dem Fenster unter mir vernehmlich
 Ach! das Schlummerathmen der Geliebten.
 Da ergriff mich wunderbare Sehnsucht,
 Und im Taumel, was ich that, nicht wissend,
 Warf ich Stück vor Stück aus meiner Tasche
 Münzen nieder nach der Liebsten Fenster.
 Offen stand das Fenster, ja ich hörte,
 Wie der Nachtwind mit dem Flügel spielte.
 Und ich zielte, mir mit meinen Münzen
 Einen Weg in ihren Schlaf zu bahnen.
 Doch die Münzen, eine nach der andern,
 Glitten an des Eisengitters Stäben
 (Denn ihr Fenster schirmen Eisengitter)
 Klingend ab, und fielen in das Gärtchen,
 Wo die Liebste ihre Blumen bauet.
 Und da hatt’ ich diese Nachtgedanken:
 Aus dem Fenster hab’ ich Geld geworfen,
 In ihr Fenster ist es nicht gekommen;
 In ihr Gärtchen hab’ ich Geld gesäet,
 Aber wird es mir wohl Blumen tragen?