Ihr Blumen müsset nie mehr Thau

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Ihr Blumen müsset nie mehr Thau
 Auf euren Lippen tragen!
 Es werden eure Farben grau,
 Und niemand müss' es klagen!
Es müsse nie zu eurem Mund
 Nach Honig gehn die Imme!
 Es nag' ein Wurm das Herz euch wund,
 Und eine Spinn' im Grimme!
Weil ihr mit falschen Worten wollt
 Der Liebsten Herz vergiften.
 Hat darum euch der Frühling hold
 Gebracht zu diesen Triften?
Euch hat der Lenz hieher gestellt,
 Daß ihr, mit Lieb' im Bunde,
 Ihr Herz mit süßer Hoffnung schwellt,
 Erquickt mit froher Kunde.
Darum, weil ihr mit argem Fleiß:
 Er liebt nicht, liebt nicht! saget,
 Geb' euch der Lenz dem Herbste preis,
 Bevor ihr Samen traget.
Es müsse nie der Liebsten Hand
 Euch flechten mir zum Kranze!
 Ihr treuer Blick sei abgewandt
 Von euerm falschen Glanze!
Es müsse nie der Liebsten Fuß
 Euch nur im Fluge rühren,
 Wenn ihr nicht schnell mit holdem Gruß
 Sie sühnet nach Gebühren.
Sie will's mit euch zum letzten Mal
 Versuchen, euch zu fragen;
 Nun machet, daß der Blättlein Zahl
 Ihr müss' Erwünschtes sagen.
Sagt ihr: Er liebt! bei'm letzten Blatt.
 Das stets zu sagen wieder,
 Nie werdet, o ihr Blumen, matt,
 Nie müd', ihr meine Lieder!