Geh’, mein Herz

                          16.

Geh', mein Herz, zum Liebchen heute!
  Weißt du ob du's morgen kannst?
  Nimm der Liebe Glück zur Beute,
  Rasch, und stirb, wann du's gewannst.
Warum willst du fern ihr säumen
  Einen einz'gen Augenblick?
  Laß dich nicht in leeren Träumen
  Ueberraschen vom Geschick.
Sondern wann es ohn' Erbarmen
  Führen will auf dich den Streich,
  Treff es dich in ihren Armen,
  Ihr am Busen stirbt sich's weich.
Zähle nicht die künft'gen Stunden,
  Die du weihen willst der Lust.
  Eine, traurig hingeschwunden,
  Ist ein sicherer Verlust.
Ob dir tausend Tage blieben,
  Gib umsonst nicht Einen Tag.
  Warum willst auf morgen schieben,
  Was dir heute werden mag?
Unerschöpflich ist der Becher,
  Den die Liebe dar dir beut;
  Nie ihn enden wirst du, Zecher,
  Doch beginnen mußt du heut.