Es ist kein Stand auf Erden

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            14.

Es ist kein Stand auf Erden,
  Er reizt des Dichters Neid:
  Der Schäfer bei den Herden
  Ist eine Herrlichkeit.
Der Jäger in den Wäldern
  Ist vollens eine Lust;
  Den Landmann in den Feldern
  Trag' ich in meiner Brust.
Der Schnitter, der die Halmen
  Vom Feld nach Hause bringt;
  Der Priester, der die Psalmen
  Für die Gemeinde singt.
Der Bergmann mit der Zitter
  Bewegt das Gold im Schacht;
  Zu Roß der kühne Ritter
  Bewegt sich in der Schlacht.
Der Schiffer in dem Nachen
  Schwebt auf der klaren Fluth;
  Der Wächter hat zu wachen
  Vom Thurm, wann alles ruht.
Im Walde der Einsiedler
  Ist sich genug allein;
  Beim Erntefest der Fiedler
  Erregt den bunten Reihn
Ich möchte meinen Garben
  Die Scheuer selber bau'n,
  Mein Haus mit eignen Farben
  Möch' ich bemalet schau'n.
Ich möchte meine Reben
  Als Winzer ziehn für mich,
  Auf eignem Webstuhl weben
  Das Kleid für mich und dich.
O Liebste, so gefallen
  Mir alle Stände wohl.
  Daß ich nicht weiß, von allen
  Was ich erwählen soll.
Sie sprach: Erwählet hast du
  Den besten Stand bereits.
  Laß anderen die Last du,
  Und nimm für dich den Reiz!
Du kannst dich zum Ergötzen,
  Und mich an deiner Hand,
  Im Augenblick versetzen
  In den und jenen Stand;
Als Schäferin mich kleiden,
  Und dich als Jäger grün;
  Mich lässest Lämmer weiden,
  Und tödtest Hirsche kühn.
Du pflanzest einen Garten,
  Wo Lenz zu jeder Frist,
  Die Blumen aller Arten,
  Und nirgend Unkraut ist.
Wir wohnen heut aus Almen
  Im luft'gen Schweizerland,
  Und morgen unter Palmen
  An Ganga's heil'gem Strand.
Du tauchest in die Schachten
  Und bringst den Edelsten,
  Und deine Lieder brachten
  Mir tausend Perlen ein.
Du rührest ja die Saiten
  Und drehst die Stern' im Tanz,
  Und deine Farben breiten
  Um's Herz mir Himmelsglanz.
Aus Strahlen und aus Tönen
  Hast du erbaut dein Haus;
  Komm, ruh' mir nun im schönen
  Gemach des Busens aus!