Rosenlied

(Zum Geburtstag des Freiherrn Truchseß auf Bettenburt, aus
                  Stuttgart gesandt.)
Rosen, Rosen, rothe Rosen,
 Und auch die von weißem Glanz,
 Will ich unter Zephyrs Rosen
 Flechten heut in einen Kranz.
 Und ein andrer Zephyr trage.
 Heut am Tage folgsam ganz,
 Mir den Kranz, wohin ich sage,
 Den geflochtenen Rosentranz.
Hin zu einem Rosenfeste
 Ist der Rosenkranz bestimmt,
 Wo der Rosen-Greis, der beste,
 In Empfang die Rosen nimmt,
 Der der Jahre Rosenleiter
 Heute weiter aufwärts klimmt,
 In der Rosenzeit, die heiter
 Ganz in Rosendüften schwimmt.
Die ihr unter Rosendüften
 Engel, einst sein Leben schuft,
 Unter duft'gen Rosenlüften
 Es soweit habt abgestuft;
 Unter Rosendüften schweben
 Laßt sein Leben einst zur Gruft,
 Doch zuvor noch lang umgeben
 Sein vom frischen Rosenduft.
Heut den Rosentag zu feiern,
 Soll man früh Aurora'n sehn
 Angethan mit Rosenschleiern
 Auf Gewölk von Rosen stehn.
 Einen langen Rosenfaden
 Durch den graden Himmel drehn,
 Und auf lauter Rosenpfaden
 Spät in Rosen untergehn.
Draußen in dem Rosengarten
 Um die Burg am Rosenhag,
 Wo die Rosen kaum erwarten
 Konnten diesen Rosentag,
 Soll von Rosen sich erschließen,
 Was da sprießen irgend mag,
 heute muß ihr Herr genießen
 Seiner Rosen-Ernt' Ertrag.
Rosenmädchen, rosenwangig,
 Rosenlipp- und fingrig auch,
 Heut zum Rosenfest verlang' ich,
 Daß sie ziehn zum Rosenstrauch,
 Rosen bringen ihm mit Grüßeen,
 Und nach süßem Rosenbrauch
 Unter'm Rosenkranz ihn küssen
 Mit des Mundes Rosenhauch.
Rosenfarbene Gewänder
 Soll heut tagen, wer ihm naht,
 Und am Hute Rosenbänder,
 Wer ihm aufzuwarten hat,
 Daß er, wie den Blick er dreht,
 Rosen sehe, Rosensaat,
 Ganz umron't von Rosen stehe,
 Rosenherr im Rosenstaat.
In die große Rosenkette,
 Die den Rosengreis umzieht,
 Flecht' ich hier an fremder Stätte
 Dieses kleine Rosenglied;
 Daß, wenn heut' vor seinen Blicken
 Rosen nicken, die er sieht,
 Rosen auch sein Ohr erquicken,
 Wenn et hört mein Rosenlied.
Sagt ihm, Rosen, die ich sende,
 Sagt dem lieben Rosenmann,
 Daß mir's rosig hier ohn' Ende
 Ros't von Rosen um und an,
 Daß mir ganze Rosenhallen
 Sind zu wallen aufgethan,
 Nur daß von den Rosen allen
 Ich ihm wenig schicken kann.
Schickt' ich alle Rosenblüthe,
 Die in meinem Rosenhain
 Für ihn sproßt hier im Gemüthe,
 Soviel Rosen würden's sein,
 Als im Park um'a Wasserbecken
 Rings an Hecken her sich reih'n,
 Und von Stuttgart sich erstrecken,
 Bis hinaus zum Kahlenstein.