Wie ich erst den Bart verloren,
Werden nun gleich einem Thoren
Mir die Locken auch geschoren.
Diese Locken, die vor allen
Meiner Liebsten so gefallen,
Daß sie sprach: so laß sie wallen!
Und ich, vor der Liebsten Ohren
Hab' ich einen Schwur geschworen,
Sie zu tragen ungeschoren.
Wenn ich ihre Gunst verliere,
Liebe Herrn und liebe Thiere,
Glaubt ihr, eur' ersetzt mir ihre?
Du, in dieser Weltpagode
Angebetet Göttin Mode,
Du bist Schuld an diesem Tode.
Mir, dem Simson, der im Spiele
Führte statt der Keulen Kiele,
Bist du worden zur Delile.
Ungetreu der Liebe Schwüren,
Ließ ich mich von dir verführen,
Und nun muß ich Reue spüren.
Kommt und triumphiert, Philister,
Mit verhöhnendem Geflüster:
Simson, euch verfallen ist er.
Lieg' ich ganz in euren Schnüren?
Kann ich keinen Arm mehr rühren,
Einen Streich auf euch zu führen?
Mit demüthigem Verzagen
Muß ich meine Locken klagen,
Die ich jüngst so stolz getragen.
Sind sie werth nicht einer Thräne?
Lassen Rosse nicht die Mähne
Flattern und den Wimpel Kähne?
Libanon mit seiner Feder,
Pfau und Hahn mit ihrer Feder,
Und mit seinem Schmuck ein jeder.
Und der Wald mit seinen Haaren,
Die da wachsen mit den Jahren,
Das der Wind hindurch kann fahren.
Und ich soll den Schmuck verlieren,
Weil's Mod' unter zahmen Thieren,
Jetzt als Stumpfschwanz sich zu zieren?
Und den Lockenwald, den kecken,
Soll ich lassen, mich zu stecken
Unter die geschornen Hecken?
Unter die geschornen Hecken,
Unter die geschornen Decken,
Mitgeschoren mich zu stecken?
„In Geduld um Kopf und Ohren
Laß dich scheren; ungeschoren
Bleibst du, wenn du bist geschoren.
„Ja ich denke, daß dir's nutzet,
Wenn man dir den Hochmuth stutzet,
Dir den Kopf ein wenig putzet.
„Nicht auf eigne Art dich kleidend,
Nicht auf eigner Weide weidend,
Nicht vom Troß dich unterscheidend
„Lerne, wie mit deines gleichen,
Mit den andern gehn und schleichen;
So wirst du dein Ziel erreichen.“