Der Besuch in der Stadt.¶

Neulich kam ich auch gefahren
  In die Stadt hinein,
  Wo ich selbst vor zehen Jahre
  Soll geboren sein.
Mag es sein, mir ist's geschwunden,
  Wo man mich gebar;
  Selbst hab' ich mich hier empfunden
  Seit dem sechsten Jahr.
Nicht der Main war mein Vertrauter,
  Der so breit dort fließt,
  Du o Leinach, die so lauter
  Sich am Dorf ergießt!
Doch nun gleich der Stadt Wahrzeichen
  Ging ich zu besehn,
  Daß ich draußen meinen Eichen
  Könnte Rede stehn.
Sah ich an der Rathhaus-Einfurt
  Ausgehau'n in Stein
  Das Geschöpf, von dem du Schweinfurt
  Sollst benamet sein.
Kann man eine Stadt erbauen,
  Um den Namen dann
  Ihr zu geben, den mit Grauen
  Man nur singen kann?
Hättest Mainfurh hättest Weinfurh
  Weil du führest Wein,
  Heißen können, aber Schweinfurt,
  Schweinfurt sollt' es sein!
Doch die Schuld nicht des Erbauers
  Brachte dir dir Schand',
  Ach nur eines Steinbildhauers
  Ungeschickte Hand.
Lammfurt wollte man dich taufen,
  Friedlich wie das Lamm,
  Das sein Hirte führt zu saufen
  An des Flusses Damm.
Und der Bildner sollte graben
  In den Stein das Lamm,
  Um vor Augen stets zu haben
  Edel-reinen Stamn.
Lamm ist um in's Thier geschlagen,
  Welches wühlt im Schlamm
  Und den Namen mußt du tragen,
  Schweinfurt, nicht vom Lamm.
Doch ich ließ die Rathhaus-Pfosten,
  Und dem Mühlthor zu
  Ging ich, wo auf deinem Posten
  Bist, a Eule, du.
Von dir, Eul', an deiner Säule,
  Ernsten Angesichts,
  Die, befragt: was magst da Eule?
  Giebt zur Antwort: Nichts!
Hat mir viel erzählt die Mutter;
  Gott belohne sie!
  Frühe gab sie Speis' und Futter
  Meiner Phantasie.
In des Thorgewölbes Schauer
  Wie erwartungsvoll
  Trat ich, was mir von der Mauer
  Eule sagen soll!
Und ich hab' an diesem Tage
  Selber sie befragt,
  Und sie hat auf meine Frage
  Wirklich nichts gesagt.
Aber vor dem Mühlenthore
  Such't ich Mühlen nun,
  Die sich meinem Aug' und Ohre
  Kund nicht wallten thun.
Straks den alten Stadtsoldaten
  Hab' ich angerannt:
  Wo die Mühlen hingerathen,
  Die das Thor benannt?
Doch er sprach: »Am Mühlthor Mühlen
  Suchet nur ein Thor,
  Mühlen stehn auf Halzgettühlen
  Dort am Brückenthor.«
»»Ei, so sollt ihr Mühlthor nennen
  Jenes, dieses nicht!««
  Aber roth in Zorn erbrennen
  Sah ich sein Gesicht.
»Das ist keine müß'ge Grille,
  Was verordnet hat
  Einer freien Reichsstadt Wille
  Und hochweiser Rath.
Brückenthor heißt jen's, und hieß es
  Mühlthor noch dabei,
  Keinen Namen hätte dieses,
  Jenes aber zwei.
Und man beugte solcherweise
  Uebelständen vor,
  Das? hier dieses Mühlthor heiße,
  Jenes Brückenthor.«
Der Besuch in der Stadt.¶

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