An die Vögel. (2 von 3)

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»Liebes Schwesterchen Sophie!
  Weil du nicht im Haufen
  Magst nach uns hinaus alswie
  Deine Brüder laufen;
  Lassen unser Kleines
  Wir dir da als deines,
  Gieb ihm schön zu fressen und zu sausen!
Seiner Eltern Waldgesang
  Ob es auch verlerne,
  Mög' es deiner Stimme Klang
  Dafür lernen gerne;
  Denn Gesanges mächtig
  Bist du, und so prächtig
  Singst du, daß es schallt in alle Ferne.
Selber wissen manches Lied
  Wir aus deinem Munde;
  Doch ein Käuzlein uns beschied
  Wunderbarste Kunde,
  Wie dich vom Gesange
  Selbst nicht schied die bange
  Atitternächt'ge todgeweihte Stunde.
  Als ihr all' erkranket lagt
  An den bösen Blattern,
  Lauscht' es, also hat's gesagt,
  An den Fenstergattern
  Nach des Lämpleins Leuchten,
  Bis die Leut' es scheuchten,
  Und ein Singen hört' es im Entflattern.
Eben um dein Schwesterlein
  Rangen sie vergebens
  Mit dem Tod, es ist schon sein,
  Und sie weinend heben's
  Kalt hinweg, dein Nettchen,
  Du im Krankenbettchen
  Sitzend singest: »Freuet euch des Lebens!
»Freuet euch des Lebens, weil
  Noch das Lämpchen glühet!
  Pflücket Rosen, pflücket Veil,
  Eh' sie sind verblühet!«
  Lämpchen war verglommen,
  Ros' und Veil verkommen,
  Um's Geschiedne warst du ungemühet.
War das Lied die Schwinge nicht
  Seines Auswärtsschwebens,
  Wo es jetzt die Blüthen bricht
  Hoch vom Baum des Lebens?
  Unter Paradieses-
  Vögeln singt es dieses,
  Was du sangest: Freuet euch des Lebens!
Freu' dich denn des Lebens weil
  Noch dein Lämpchen glühet!
  Pflücke Rosen, pflücke Veil,
  Eh' sie sind verblühet.
  Deine Kinderschuhe
  Tritt nur aus, doch thue
  Nie den Sinn ab, den kein Dorn bemühet.
Mögest du der Wolken Grau'n
  Mit Gesang zerstreuen,
  Und einmal dein Nestchen bau'n,
  Dich des Lebens freuen,
  Mit dem besten Gatten,
  In des Daches Schatten,
  Wo zu nisten Schwalben nicht sich scheuen.