Aergert’ ich mich lang’ im Winter

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Aergert' ich mich lang' im Winter
  Ueber Straßenbettelei,
  Werd' ich plötzlich mildgesinnter,
  Wann der Frühling kommt herbei.
Wann nicht kreischend alte Betteln
  Heischen, sondern freundlich stumm
  Kinder, Blumen bietend, betteln,
  Geb' ich gern mein Geld darum.
Sollte mir nicht wohlgefallen
  Die verblümte Bettelei?
  Nicht vorüber könnt' ich wallen,
  Meine Blumen sind dabei.
Meine Blumen, deren Augen
  Selbst wie Kinderaugen stehn,
  Statt von herben Thränenlaugen
  Voll von süßem Maithau stehn.
Die nur des Gewinnstes wegen
  Nach den Blumen gingen aus,
  Tragen doch aus Waldgehegen
  Hellre Mienen mit nach Haus.
Und damit die Frühlingsmienen,
  Wie die Blumen in der Hand,
  Nicht verweilen, geb' ich ihnen,
  Was ich in der Tasche fand.
Also kauft zu Markt getrag'ne
  Vögel man im Morgenland,
  Zu befrei'n in Band geschlag'ne
  Gottgeschöpf' aus Zwang und Band.
Sollten mir die Blumen minder
  Wohlgefallen, weil sie mir
  Reichen eigennütz'ge Kinder,
  Wie ich einst sie reichte dir?
Wenn ich einen Blick, nicht kleine
  Münze, dort erwarb dabei,
  Nun so war es eben eine
  Anspruchvoll're Bettelei.