Die Blüthen und die Käfer stritten

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Die Blüthen und die Käfer stritten;
  Die Käfer stoßen, die Blüthen litten;
  Der Lenz, des Streites müde, spricht:
  Ich mach' euch beide gleich zu nicht.
  Da rüstet' er sein Strafgericht,
  Und ließ sich nicht erbitten.
Erst hub er an im Blüthenmaien
  Mit Hagelkörnern drein zu schneien;
  Die Blüthen sanken vom Gewicht
  Der Körner, doch die Käfer nicht,
  An deren Schild ein Schuß sich bricht,
  Sie leben und gedeihen.
Dann hub er tüchtig an zu frieren:
  Nun werdet ihr die Lust verlieren!
  Den Blüthen schrumpfte das Gesicht
  Vom Froste, doch den Käfern nicht;
  Die Blüthen fallen Schicht auf Schicht,
  Die Käfer triumphiren.
Drauf hub er an mit Macht zu regnen:
  Nun will ich euch gewaltig segnen!
  Die Blüthen thaten ganz Verzicht
  Auf's Leben, doch die Käfer nicht,
  Ihr Panzerhemd ist wasserdicht,
  Ihnen kann nichts begegnen.
Nun läßt er seine Sonne scheinen:
  Nun will ich euch in Lust vereinen!
  Allein zur Lust die Kraft gebricht
  Den Blüthen, nur den Käfern nicht.
  Der Gute stirbt, es lebt der Wicht;
  So geht's im Großen und Kleinen.