Chidher.

Chidher, der ewig junge, sprach:
 Ich fuhr an einer Stadt vorbei,
 Ein Mann im Garten Früchte brach;
 Ich fragte, seit wann die Stadt hier sei?
 Er sprach, und pflückte die Früchte fort:
 Die Stadt steht ewig an diesem Ort,
 Und wird so stehen ewig fort.
   Und aber nach fünfhundert Jahren
   Kam ich desselbigen Weg's gefahren.
Da fand ich keine Spur der Stadt;
 Ein einsamer Schäfer blies die Schalmei,
 Die Heerde weidete Laub und Blatt;
 Ich fragte: wielang' ist die Stadt vorbei?
 Er sprach, und blies aus dem Rohre fort:
 Das eine wächst, wenn das andre dorrt;
 Das ist mein ewiger Weideort.
   Und aber nach fünfhundert Jahren
   Kam ich desselbigen Weg's gefahren.
Da fand ich ein Meer, das Wellen schlug,
 Ein Schiffer warf die Netze frei,
 Und als er ruhte vom schweren Zug,
 Fragt' ich, seit wann das Meer hier sei?
 Er sprach, und lachte meinem Wort:
 Solang' als schäumen die Wellen dort,
 Fischt man und fischt man in diesem Port.
   Und aber nach fünfhundert Jahren
   Kam ich desselbigen Weg's gefahren.
Da fand ich einen waldigen Raum,
 Und einen Mann in der Siedelei,
 Er fällte mit der Axt den Baum;
 Ich fragte, wie alt der Wald hier sei?
 Er sprach: der Wald ist ein ewiger Hort;
 Schon ewig wohn' ich an diesem Ort,
 Und ewig wachsen die Bäum' hier fort.
   Und aber nach fünfhundert Jahren
   Kam ich desselbigen Weg's gefahren.
Da fand ich eine Stadt, und laut
 Erschallte der Markt vom Volksgeschrei.
 Ich fragte: seit wann ist die Stadt erbaut?
 Wohin ist Wald und Meer und Schalmei?
 Sie schrien, und hörten nicht mein Wort:
 So ging es ewig an diesem Ort,
 Und wird so gehen ewig fort.
   Und aber nach fünfhundert Jahren
   Will ich desselbigen Weges fahren.