Die Nixe kämmt ihr langes Haar
Des Nachts im Mondenscheine:
„Hier sitz' ich nun viel hundert Jahr
Alleine!
Viel hundert Jahr, und bin noch jung,
Und schön genung,
Und hab' in all' den Stunden
Kein'n Buhlen gefunden.“
Da kommt nachdenklich durch den Wald
Ein Bäuerlein gegangen;
Sie sieht die Glieder wohlgestall,
Die Wangen.
„Hast, Bäuerlein, schon eine Frau?“
Nein! spricht er schlau.
„So komm', ich bin alleine,
Will werden die deine.“
„Was schleichst du denn nun jede Nacht
Zum Wald aus heimlichen Wegen?“
„Ich hab' im Walde der heimlichen Jagd
zu pflegen!“
Das Bäuerlein geht wieder hin,
Die Bäuerin
Kommt auch mit leisen Tritten
Ihm nachgeschritten.
Das Bäuerlein sitzt tief im Wald
Wohl bei der Nixe wieder;
Sie umfaßt ihm mit süßer Gewalt
Die Glieder.
„Wo bist du mir geblieben so lang'?
Es war mir bang'!
Die Bäu'rin kommt gegangen,
Sieht still ihr Umfangen.
Tritt hinter sie, legt schweigend stumm
Zurecht die langen Locken
Der Geisterfrau, die wend't sich um
Erschrocken.
„Hast mir gesagt, du hätt'st kein Weib;
O weh' mein Leib!
Ich war dir wahrlich gewogen,
Du hast mich betrogen.
Hab' ich so lang' gekämmt mein Haar
Im wilden Wald alleine;
So kämm' ich's nun wohl immerdar,
Und weine.“
Sie rauft ein Haar aus, reicht es hin:
„Da, Bäuerin,
Geh' heim, und spinn' dir Seide
Aus meinem Leide“