Geist der Liebe

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Geist der Liebe, Weltenseele, Vaterohr, das keine
  Stimme überhöret der dich lobenden Gemeine!
Eine Reihe Dankgebetes, Lobgesangs ein Faden,
  Zieht sich hin vom Duft des Morgens zu des Abends Scheine.
Eine Reihe Lobgesanges, Dankgebets ein Faden,
  Zieht sich hin vom Duft des Abends zu des Morgens Scheine.
Eine Schnur, woran geordnet dir zum Preise hangen
  Aller Himmel Sterne, samt den Blüthen aller Haine.
Eine Schnur, woran das Meer die Perlen seiner Andacht,
  Und der Erdgrund reihet seiner Inbrunst Edelsteine.
Gieb, daß in das Lobgeweb', das neu die Schöpfung täglich
  Dir aus tausend Fäden wirkt, ich wirken dürf' auch meine!
Der du gabest, dich zu loben, eine Stimme jedem
  Leben, von der lichten Sonne bis zum dunklen Steine!
Gieb, daß diese Seele auch durch der Gebetetsflammen
  Schürung dir die innere Lebendigkeit bescheine!
Laß im Pfalmenstrom der Schöpfung, in der Weltenmeere
  Großen Hymnenwogen mit hinschwimmen diese kleine!
O Natur, mit deinem Hauche läutere die Seele,
  Daß sie widerhalle rein dein Glockenspiel, das reine!
Gieb, daß in den großen Einklang deiner Stimmen jedes
  Menschenherz harmonisch schmelze, ob es jauchz', ob weine!
Weltenohr! vor dem gesungen vom Beginn der Zeiten,
  Die Jahrhunderte herab, viel Dichter im Vereine:
Ihrer Saiten Widerspruch ist vor dir ausgeglichen;
  Ihre hunderttausend Stimmen hörest du als eine.
Laß in deinem Abendwinde Rosen säuseln über
  Eines jeden, der dir sang, nun schlummernde Gebeine!
Laß den freien Dichtermund hier deinem Lobe dienen,
  Bis in Engelzungen dort sich freier mischet seine!