Zweite Stufe 151., 152., 153., 154., 155.

                         151.

Ein weites Zimmer macht weit die Gedantenwelt,
 Ein schönes helles hat den Sinn verschönt, erhellt.
Da kann kein Philosoph ein dumpf System erbaun,
 Und kein Poet darin trübsel'ge Verse braun.

                         152.

O meine Blume, die dereinst mein Grab soll zieren,
 Wie zittert' ich! du warst mir nah dran zu erfrieren.
Dem Gärtner Dank, der dich entrissen der Gefahr!
 Allein wie ist das Herz des Menschen undankbar:
Gerettet seh' ich dich, doch nun seh' ich dich färben;
 Soll nie gesundes Roth die Wange mehr dir färben?
 So sah ich besser dich mit einmal sterben.

                         153.

Der Freund ist immerfort vor meiner Seele Augen,
  Wenn die des Leibes ihn nicht zu ergreifen taugen.
Er blickt von dort mich an, wo auf die Sonne geht,
  Und blickt noch einmal her, wo sie im Sinken steht.
So wie sie blicket hier, hat Abschied er genommen;
  Und wie sie blicket dort, so wird er wieder kommen.

                         154.

Ich möchte wissen, wo der Freund zur Stunde weilt,
  Nach welchem in die Welt hinaus mein Denken eilt.
Dem unstät Schweifenden hat's unstät nachzuschweifen,
  Und weiß die Stätte nicht, wo es ihn soll ergreifen.
Wenn auf der Länderkart' ich sähe nur den Ort;
  Da ist er, spräch' ich jetzt! und wär' im Geiste dort.

                         155.

Einst meine Leserin bist du als Braut gewesen;
  Wie solltest du nicht gern dein schönes Brautlied lesen?
Dem Dichte zum Verlust, dem Manne zum Gewinn,
  Bist du nun meine Frau, nicht meine Leserin.