Statt Blatt und Blüthen

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Statt Blatt und Blüthen, die vom nackten Leibe
  Der Nordwind abgeschüttelt hat den Bäumen,
  Statt Blum’ und Gras, die von des Rockes Säumen
  Herbst hat entpflückt Natur, dem armen Weibe;

Sä’t jetzt der Winter an des Fensters Scheibe
  Frostblumen aus, und auf den öden Räumen
  Schneeblüthen, daß damit, als blassen Träumen
  Vom Lenz, ihr Spiel des Lenzes Sehnsucht treibe.

Die Sehnsucht aber sitzt bei mir im Zimmer,
  Blickt aus nach dem von ihr getrennten Lenze,
  Den sie dort sitzen sieht in einem Stübchen;

Dort sitzt er hell im eignen Sonnenschimmer,
  Auf seinen Locken alle Liebeskränze,
  Und alle Rosen um der Wange Grübchen.
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