Erhebung.

Ich stand auf Bergen hoch
  Und übersah die Erde,
  Die so gedrückt vom Joch,
  Geschlagen so vom Schwerte.
Ich sah den blut'gen Greul,
  Der lag auf ihren Tiefen,
  Und hörte das Geheul
  Der Stimmen, welche riefen.
Ich sprach: O wär ich doch
  All dieser Noth entrücket!
  Da ward vom Berg aus hoch
  Ich in die Lust gezücket.
Aufschwebt' ich durch die Luft,
  Und hört' und sah noch immer;
  Zuletzt verschwamm in Duft
  Das Blut und das Gewimmer.
Und als ich niedersah
  Aus allerhöchster Ferne,
  Da sah ich schimmern da
  Den schönsten aller Sterne.
Was dort im hellen Licht
  Ist das für eine Sphäre?
  Da ward mir der Bericht,
  Daß es die Erde wäre.
Der Engel sprach zu mir:
  Es ist dir hier verschwunden,
  Was einzeln drunten dir
  Den wirren Blick umwunden.
Du hast die Höh' erreicht,
  Wo dir erscheint das Ganze;
  Und deine Erde weicht
  Hier keinem Stern an Glanze.
Die Erd, in ihrem Kern
  Von Wunden so durchwühlet,
  Sieh, wie vorm Blick des Herrn
  Sie sich genesen fühlet.
Der Ruf des Wehs verschwimm;
  Thu' auf dein Ohr und höre,
  Wie hell ihr Loblied stimmt
  In ihrer Schwestern Chöre.
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