Frieden im Innern.

Wie die Welt aus diesem Zwange,
  Der ihr Herzblut hemmt im Gange,
  Soll gelöst sein, weiß ich nicht;
  Doch daß sie gelöst muß werden,
  Sprechen ihre Angstgeberden,
  Wenn auch keine Zunge spricht.
Es ist eine große Spaltung
  Sichtbar in der Welthaushaltung,
  Die man klug umsonst verdeckt;
  Sie will nicht sein überhüllet,
  Sondern gründlich ausgefüllet,
  Und dazu erst aufgedeckt.
Könige und Nationen,
  In dem Staub und auf den Thronen,
  Die ihr nur umsonst euch schmückt
  Mit des Sieges Purpurlappung,
  Da ihr unter der Verkappung
  Wohl fühlt, wo der Schuh euch drückt!
Von des fremden Zwingherrn Ketten
  Konnt euch wohl ein Wunder retten,
  Doch damit ist nichts gethan,
  Fangt von den geheimen Räubern
  Eures Friedens ihr zu säubern
  Nicht den eignen Haushalt an.
Nicht die künstlich äußre Straffung
  Bei der innersten Erschlaffung,
  Die dadurch kein Heil sich schafft!
  Nicht der Glieder ekle Spannung
  Bei der schrecklichsten Entmannung,
  Die dadurch nicht kommt zu Kraft!
Fort den Trug, und fort die Lüge,
  Fort die schlauen Winkelzüge
  Deß, was Politik sich heißt,
  Die damit sich kläglich fristet,
  Niemand als sich selbst belistet,
  Nicht mehr ihren Feind, den Geist.
Nicht mit heiligen Allianzen
  Werden Fürsten sich verschanzen,
  Und mit Trotz die Völker nicht,
  Sondern wenn sie mit Vertrauen
  Auge sich in Auge schauen,
  Und zu Gott mit Zuversicht.
Bittet Gott, der Korn beschieden,
  Daß er senk' ein Körnlein Frieden
  In der Trennung offnen Spalt,
  Daß die Klaffung sich versühne,
  Unsrer Wund ein Halm entgrüne,
  Der im Licht zum Himmel wallt.
Dieser Halm, ja diese Palme,
  Mit dem schlanken Riesenhalme,
  Sei der neue Freiheitsbaum!
  Nicht mit Blut, mit Thau begossen,
  Soll er rein zum Himmel sprossen,
  Schattend über'm Erdenraum.
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