Magdeburg.

O Magdeburg, du starke,
  Des Reiches fester Halt,
  Ein Riegel vor der Marke
  Der preußischen Gewalt;
  Du Hort, uns einst genommen
  Durch unseren Verrath,
  Und nun zurückgekommen
  Durch Gott und unsre That!
Daß man dich recht bezeichne
  Als unsern Edelstein,
  Soll man dir eine eigne
  Schutzheilige verleihn
  Die Königin Luise,
  Die reine Himmelsmagd,
  O Magdeburg, sei diese,
  Warum? sei hier gesagt.
Als, mit uns Friede machend,
  Von unserm Gut ein Stück
  Der Sieger gab verlachend,
  Dich gab er nicht zurück;
  Damals nach der Befehdung,
  In siegestrunknem Sinn
  Begehrt' er Unterredung
  Mit unsrer Königin.
So sollst du reine treue
  Vor dem nun stehen itzt,
  Der kaum noch ohne Scheue
  Auf dich auch Gift gespritzt?
  Sie wollte dies auch dulden,
  Die viel geduldet schon,
  Und trat in ihren Hulden
  Hin vor Napoleon.
Da ward der starre Kaiser,
  Getroffen von dem Strahl
  Der Anmuth, zum Lobpreiser
  Der Schönheit auch einmal:
  „Ich hoffte eine schöne
  Königin hier zu schaun,
  Und finde, die ich kröne
  Als schönste aller Fraun.“
Er pflückte eine Rose
  Vom nahen Stocke dort,
  Sie dir, o makellose,
  Darreichend mit dem Wort:
  „So zu verdientem Ruhme,
  Zum Zeichen ihres Rechts,
  Reich ich die schönste Blume
  Der schönsten des Geschlechts.“
Hinnahm, ihr Herz bezähmend,
  Die Königin das Pfand;
  Wohl stach, die Rose nehmend,
  Ein Dorn sie durch die Hand.
  Daß er sie ehrend kränke,
  Begehrt' er hochmuthsvoll,
  Daß sie noch ein Geschenke
  Von ihm erbittert soll.
Sie sprach in hohen Sitten
  Mit königlichem Sinn:
  Ich habe nichts zu bitten
  Als Preußens Königin;
  Als Mutter meiner Söhne
  Thu' ich die Bitt allhie,
  Zu geben mir die schöne
  Stadt Magdeburg für sie.
Da stand der Mann von Eisen,
  Des Scheins der Anmuth baar;
  „Ihr seid, sprach er, zu preisen
  Als schöne Kön'gin zwar;
  Doch schöner Königinnen
  Ein hundert sind zu leicht,
  Wenn man sie mit den Zinnen
  Von Magdeburg vergleicht.“
O schönste von den schönen,
  Der reinen reinste du,
  So hörtest du das Höhnen,
  Und schwiegest still dazu;
  Du hobest in die Lüste
  Den nassen Blick hinauf,
  Und wandtest über Grüfte
  Bald selbst dorthin den Lauf.
Dort fandest du gelinder
  Für deine Bitt' ein Ohr
  Um die Burg deiner Kinder,
  Die unsre Schuld verlor;
  Dort hast du sie erbeten
  Für uns von Gott zurück,
  Und freust dich, zu vertreten
  Im Himmel Preußens Glück.
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