Das hölzerne Bein.

Neulich mit 'nem hölzern Beine
  Einer von den Offizieren
  Ging, und nicht im Sonnenscheine,
  Mitten durch den Park spazieren,
Sondern recht im Regenwetter,
  Als der ganze Himmel troff.
  Solch ein Vaterlandesretter
  Ist vom allerlhärtsten Stoff.
Der sich oft in Blut gebadet,
  Nicht dem Manne wird es schaden;
  Aber mit den hölzern Waden
  Wenn es nur dem Bein nicht schadet!
In dem Regen blieb er stehn,
  Sich gemüthlich umzuschauen,
  Läßt aus sich den Himmel thauen,
  Und dann will er weiter gehn.
Hat den starren Fuß der Mann
  In den Lehm so fest gewühlet,
  Den der Regen ausgespület,
  Daß er nicht vom Flecke kann?
Größres Wunder ist zu sagen
  Wie noch nie der Welt war kund:
  Wurzeln in dem feuchten Grund
  Hat der dürre Fuß geschlagen.
O gedeihlich Regenwetter,
  Wurzeln schlug durch dich das Bein.
  Sende nun den Sonnenschein;
  Und das Bein, es treibt auch Blätter.
Wurzellos und blätterlos
  Ist sonst solch' ein hölzern Bein;
  Braucht es Sonn' und Regen blos,
  Um ihm beides zu verleihn?
Scheine Sonn', und regne Regen,
  Daß ein jeder, der eins trägt,
  Blätter treibt und Wurzeln schlägt:
  Deren giebt's doch allerwegen.
Uebten sie sich dann daneben,
  Auch von Sonnenschein und Regen,
  Wie die Pflanzen ganz zu leben;
  Braucht' es weiter kein Verpflegen.
  Und anstatt mit Pomeranzen
  Könnte man den Park verzieren
  Mit den vaterländ'schen Pflanzen,
  Invaliden Offizieren.
../../_images/nach-den-freiheitsjahren-s241-das-hoelzerne-bein.png ../../_images/nach-den-freiheitsjahren-s240-das-hoelzerne-bein.png