Sechs Monat ist's, seit ich die Fluth
Des Rheinstroms überschritt,
Und bracht' auf Jahr lang Grimm und Wuth
Hieher aus Deutschland mit.
Eh' ich den Vorrath aufgebraucht,
Ist schon der Friede da;
So muß der Grimm nun unverraucht
Zurück nach Deutschland ja.
Wohlan, hier ist die Scheidewand,
Tritt sanfter auf, mein Fuß:
Ich grüße dich, mein Vaterland,
Froh, obgleich mit Verdruß.
Aus deinem Schooß den ersten Stein
Nehm' ich, und schleud're frei
Von hier nach Frankreich ihn hinein,
Daß er mein Denkmal sei.
Und wenn sein Fall auf welschem Grund
Noch einen Halm zerknickt,
So sag' ich es mit lautem Mund,
Daß es mein Herz erquickt.
Dir aber, o mein Vaterland,
Dir sag' ich's zürnend an,
Was Schmach im fremden Land ich fand,
Was Schmach mir ward gethan.
Daß zwanzig Jahr der Uebermuth
Des fremden Volks mit Spott
Dich trat, und sog dein Herzensblut;
Das weißt du selbst und Gott.
Hast's, Mutter, nicht gefühlt mit Gluth
In deiner kalten Brust?
Und ich, dein Kind, hab' heißes Blut,
Zwiefach ich's fühlen mußt.
D'rum als in Flammen-Morgenroth
Der Tag der Rach' anbrach;
Da zog ich aus zu Kampf und Tod,
Zu rächen jene Schmach.
Mir stand vor'm Blick als letztes Ziel
Der doppelte Triumph:
Das Räubernest der Flamme Spiel!
Des Räubers Haupt vom Rumpf!
Wer hat verrückt mir dieses Ziel?
Geraubt mir den Triumph?
Darob in Staub mein Siegsmuth fiel,
Und meine Kling ward stumpf.
Hoch stand ich an der Raubstadt Thor,
Die Fackel schwang ich dräu'nd;
Da zog man einen Vorhang vor,
Und ich stand da als Freund.
Wie soll ich denn dein Freund nun sein,
Du Franzmann, voll von List?
Und fühl' ich's doch durch Mark und Bein,
Daß du mein Erbfeind bist.
Rühr' ich die neue Freundesschwell',
Und tret' als Gast in's Haus;
So guckt aus allen Winkeln hell
Der Haß als Wirth heraus.
Den Becher, den zum Trunk er reicht,
Hat er mir selbst geraubt;
Und die er beut, die Hand, vielleicht
Schlug meines Vaters Haupt.
Setz' auf die Straß' ich meinen Tritt,
Weicht da der Haß wohl? Nein!
Er folgt, und stößt bei jedem Schritt
Den Fuß an einen Stein.
Was ist das für ein Säulen-Thurm?
Und d'ran steht Austerlitz!
Wird denn mein Odem nicht ein Sturm?
Und nicht mein Blick ein Blitz?
Und diese Brück' auf welschem Fluß,
Nach deutscher Stadt genannt!
Kann sie zerstampfen nicht dein Fuß?
Zerbröckeln deine Hand?
Nennt ihr noch Namen meiner Schmach,
Und zeigt darauf mit Hohn?
Ihr seid ja wohl, wie vor so nach,
Die große Nation!
Sie wollen noch besiegt nicht sein,
Und sind auch nicht besiegt;
Sie sind's nicht, bis zerrieben klein
Ein Staub ganz Frankreich liegt.
Doch, Großmuth du, mit deiner Mild'
Und Schonung hast's gemeint
Zu thun! Ja, Großmuth, wo es gilt!
Was Großmuth solchem Feind?
Der Feind ist nicht gedämpft, und nicht
Das Vaterland versöhnt.
Es zürnt', und er in's Angesicht,
O seht, wie er euch höhnt.
Hat er nicht Friedrichs Degen dir,
O Preuß', in Wuth zerstückt?
Nicht dir, o Oestreichs Grenadier,
Den Zweig am Hut zerpflückt?
Weil ihm das Geld im Seckel blieb,
Das er dem Deutschen stahl;
Gab er wohl seinem Gast, der Dieb,
Dafür ein Abschiedsmahl?
Zum Abschied zuckt' er einen Dolch,
Und sang ein Spottlied nach;
Und ihr ruft Schonung nur dem Molch,
Und eurem Volk nur Schmach.
"Um ihn zu schonen, soll durch's Land
Eilfertig zieh'n das Heer!
Wann es zur Gränze kommt, hält's Stand,
Und zieht dann langsamer!"
O Schmach, und durch die Dörfer muß
Geschlossen zieh'n der Zug;
Wenn einer fehlt, nie fehlt der Schluß,
Daß ihn ein Bau'r erschlug.
Wird unser Siegszug denn zur Flucht?
Ganz Frankreich höhnt uns nach;
Und, Elsaß, du entdeuts6hte Zucht,
Höhnst auch, o letzte Schmach!
Fühlst, Mutter, du's durchzucken nicht
Dein steinernes Gebein?
Dem Grimm, der aus dem Sohn hier spricht,
Kannst du ihm zürnen? Nein!
Doch zürnst du ihm, so schleuß dein Ohr,
Und höre nicht mein Wort;
Doch ich zu meiner Hütte Thor
Trag' meinen Grimm mit fort;
Und ruf' es jeden Tag mir zu,
Nachts ruft der Traum es nach:
In Frankreich, deutsches Herz, haft du
Noch ungeroch'ne Schmach.