62.
Welche buntbelebte Gegend,
Welche zauberreiche Flur!
Liebesgötter rings sich regend,
Jeglicher auf eigner Spur.
Ist der Himmel leer geblieben?
Sind die Götter alle nah,
Menschliches Geschäft zu üben,
Wie noch nie mein Auge sah!
Dort ein Amor mit der Angel,
Sitzend an des Flusses Rand;
Nirgend ist an Fischen Mangel
Für des fert'gen Fischers Hand.
Einen zieht er an den Schnüren,
Einer liegt schon auf dem Grund,
Und es scheint ihn nicht zu rühren,
Daß er lechzt mit offnem Mund.
Dort mit Hund und Jägertasche
Zieht ein andrer waldhinein,
Daß er sich ein Wildpret hasche,
Was wird das für Wildpret sein?
Trägt er nicht voll blut'ger Wunden,
Schon in seiner Hand ein Herz?
Jetzo blickt er nach den Hunden,
Wirft ea' ihnen vor zum Scherz?
Du verschlagner Vogelsteller,
Lauschend bei den Ruthen da,
Lustig pfeifend, daß nur schneller
Sich die Gimpel fangen ja!
Wie viel hast du eingesungen?
Wie gelehrig sind sie schon:
Alle, die sonst vielfach sangen,
Singen jetzt aus einem Ton.
Dort auf anderen Revieren,
Seh' ich, oder seh' ich Trug?
Ja, mit eingejochten Stieren
Geht ein Amor hinterm Pflug,
Und ein andrer geht dahinter,
Welche Samen sät er wohl?
Schwerlich Körner für den Winter,
Schwerlich für die Schüssel Kohl.
Leichteres Geschäft zu treiben,
Dort die Zitter spielet der,
Und die Birken, Buchen, Eiben,
Tanzen lustig um ihn her.
Seht, wie stockt der Tanz der Liebe,
Denn mit seiner Geißel Schwung
Führt ein Amor scharfe Hiebe
Auf die Tänzer alt und jung.
Wenn die Bäume tanzen müssen,
Werden Felsen sicher sein?
Mit der Ruth' aus Myrtenschüssen
Schlägt ein Amor das Gestein;
Und es schließt mit tiefem Ache
Sich des Felsens Busen auf,
Und daraus mit vollem Bache
Bricht hervor ein Thränenlauf.
Gegenstück den nassen Fluthen,
Heiße Fackeln seh' ich auch;
Amorn schütteln ihre Gluthen,
Schreiten halb verhüllt im Rauch.
Saget mir, wonach ihr gehet,
Saget mir, was ihr euch sucht?
Mich, den Wandrer, der hier stehet!
Wo ist Hülfe? wo ist Flucht?
Stürz' dich in die Fluth zu Fischen,
Und die Angel ist dein Theil;
Fliehe mit dem Wild in Büschen,
Horch, wie rauscht des Jägers Pfeil!
Willst du mit den Vögeln fliegen?
Du entgehst der Lockung nicht;
Willst du in die Erde kriechen,
Wenn der Pflug auch diese bricht?
Willst du dich zu Bäumen pflanzen,
Wurzeln in der Felsen Grund?
Wenn die Bäume müssen tanzen,
Und der Fels ist liebestwund!
Ueberall die Liebesjäger,
Und es ist nicht zu entgehn;
O so kommt, ihr Fackelträger,
Seht mein Herz in Flammen stehn!