Mit dem goldnen Schlüssel des Vertrauens

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Mit dem goldnen Schlüssel des Vertrauens
 Hat ihr Herz die Liebste mir erschlossen,
 O der Fülle sel'gen Wonneschauens,
 O des Anblicks, den ich da genossen!
Wie durchleuchtet sah ich, wie durchfunkelt
 Dieses Herz von ew'gen Liebessonnen,
 Nichts verschatten nicht umwölkt verdunkelt,
 Alles rein in Licht und Glanz zerronnen.
Welche Heldenfreudigkeit der Liebe,
 Welche Stärke muthigen Entsagens,
 Welche himmlisch erdentschwungnen Triebe,
 Welche Gottbegeistrung des Ertragens.
Welche Sich-Erhebung, Sich-Erniedrung,
 Sich-Entäußrung, völl'ge Hin-sich-gebung,
 Tiefe ganze innige Erwiedrung
 Seelenaustausch, Ineinanderlebung.
Solche Bronnen des Gefühls, wie nimmer
 Noch sie rauschen hörten Dichterträume,
 Solche Schöpfungsstrahlen Weltenschimmer,
 Wie sie niemals faßten Himmelsräume.
Kann ein solcher Abgrund sel'ger Schmerzen,
 Solch ein Ueberschwang von Himmelswonnen,
 All zusammen stehn in einem Herzen?
 Und ich hab' es, dieses All, gewonnen.
Gott! der du mir diesen Schatz gegeben!
 Kann ich je nach anderm Gut auf Erden
 Ungenügsam diesen Blick erheben,
 Mög' ich Nichts vor deinem Antlitz werden.