Tausend Nachtigallen

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Tausend Nachtigallen
  Sind in meiner Brust,
  Durcheinander schallen
  Hör' ichs sie mit Lust.
Tausend Frühlingsrosen
  Blühn in meinem Thau,
  Und mit jeder kosen
  Will ein Ostwind schlau.
Tausend Liebessterne
  Stehn in meiner Luft,
  Und ich lauschte gerne,
  Wie mir jeder ruft.
Tausend Edelsteine
  Sprühn in meinem Schacht,
  Hell vom bunten Scheine
  Flimmert des Herzens Nacht.
Und das Sprühn und Flimmen
  Hält den Blick umflirrt,
  Im Gewühl der Stimmen
  Ist das Ohr verirrt.
Traumgefühle schweifen
  Um im Meer von Glanz,
  Können nicht ergreifen
  Der Gestalten Tanz.
Aus den Einzelheiten
  Keiner Einheit Chor,
  Aus den Farben schreiten
  Will kein Bild hervor.
Komm mit leisem Tritte,
  Liebe, Schöpfungsgeist,
  In des Herzens Mitte,
  Wo die Schöpfung kreist!
Wie du vorgetreten,
  Sonne, sichtbarlich,
  Müssen die Planeten
  Alle drehn um dich.
Wie du stehst alleine,
  Fürstin im Harem,
  Reihn sich Edelsteine
  Dir zum Diadem.
Alle Frühlingsrosen
  Werden dir ein Kranz,
  Buntes Farbentosen
  Schmilzt in deinen Glanz.
Aller Lieder Schallen
  Untergeht in dir,
  Und die Nachtigallen
  Freimunds schweigen hier.