Komm, meine jüngste Sonne

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Komm, meine jüngste Sonne,
  Betritt dein strahlend Feld!
  Rasch sei von deiner Wonne
  Mein kurzer Tag erhellt.
Gegangen sind der Sonnen
  Hin über mich wieviel,
  Seit ich zu blühn begonnen
  In ihrer Strahlen Spiel.
Als aus der Kindheit Träumen
  Zuerst mein Herz erwacht,
  Sah ich ein Frühroth säumen
  Den Horizont der Nacht.
Es war der Himmelsbogen
  Entbrannt von Ungeduld,
  Von Ahnung überflogen
  Annah'nder Sonnenhuld.
Da stieg die erste Sonne,
  Da schwoll mein erster Trieb,
  Das war die erste Wonne,
  Das war mein erstes Lieb.
Da kam die erste Klage,
  Als mir die Sonn' erblich,
  Nach Einem Frühlingstage
  Mir in die Nacht entwich.
Da kamen, Licht-erneuend,
  Wohl andre schön und klar,
  Doch keine so erfreuend,
  Wie nur die erste war.
Da wuchs ich im Gefilde,
  Und richtete mit Lust
  Je nach dem Sonnenbilde
  Den stillen Trieb der Brust.
Ich wuchs und blühte weiter
  In Sonnenlieb' allein,
  Ob trüber mich, ob heiter
  Berühren mocht' ihr Schein.
Von Morgenthau besprenget,
  Von Frühroth angehauchh
  Von Mittagsgluth versenget,
  In Abendroth getaucht.
Der Frühling ist geschwunden,
  Und anch der Sommer schwand,
  Und immer kürzre Stunden
  Das Licht am Himmel stand.
Die Liebe blickte streifend,
  Von schiefer Sonnenbahn,
  Mit Gluthen nicht ergreifend,
  Mich matten Auges an.
Wie ist mir denn geworden,
  Was ich noch hoffte kaum,
  Im herbstumwölkten Norden,
  Ein neuer Frühlingstraum!
Daß sich zum Licht erheben
  Der Trieb noch einmal mag!
  Das hast du mir gegeben,
  Du letzter Sonnentag.
Du leizter Gruß der Wonne,
  Du letzter Blick der Qual,
  Du jüngste Liebessonne,
  Du schöner Todesstrahl.
O neige schönheitstrunken
  Dein Haupt am Himmel schief,
  Und schleudre Blitzesfunken
  Mir in die Seele tief.
Die blaue Luft des Auges
  Erheitre mit dem Schein
  Des Lächelns, und ich saug' es
  Mit durstgen Fasern ein.
Laß alle Schleier fallen
  Von deinem Angesicht,
  Und es allein umwallen
  Der Locken goldnes Licht.
Laß deinen Blick mir kosen,
  Laß deinen Hauch mir wehn,
  Bis alle Sehnsuchtrosen
  An mir in Blüthe stehn.
Du sollst mich heiß nicht küssen,
  Wie Sommersonnenbrand,
  Nur leise niedergrüßen
  Von deinem Himmelsrand.
In deinen Strahlen färben
  Will ich mein letztes Grün,
  Und, Sonnenopfer, sterben
  An deiner Blicke Sprühn.