40.
Komm, meine jüngste Sonne,
Betritt dein strahlend Feld!
Rasch sei von deiner Wonne
Mein kurzer Tag erhellt.
Gegangen sind der Sonnen
Hin über mich wieviel,
Seit ich zu blühn begonnen
In ihrer Strahlen Spiel.
Als aus der Kindheit Träumen
Zuerst mein Herz erwacht,
Sah ich ein Frühroth säumen
Den Horizont der Nacht.
Es war der Himmelsbogen
Entbrannt von Ungeduld,
Von Ahnung überflogen
Annah'nder Sonnenhuld.
Da stieg die erste Sonne,
Da schwoll mein erster Trieb,
Das war die erste Wonne,
Das war mein erstes Lieb.
Da kam die erste Klage,
Als mir die Sonn' erblich,
Nach Einem Frühlingstage
Mir in die Nacht entwich.
Da kamen, Licht-erneuend,
Wohl andre schön und klar,
Doch keine so erfreuend,
Wie nur die erste war.
Da wuchs ich im Gefilde,
Und richtete mit Lust
Je nach dem Sonnenbilde
Den stillen Trieb der Brust.
Ich wuchs und blühte weiter
In Sonnenlieb' allein,
Ob trüber mich, ob heiter
Berühren mocht' ihr Schein.
Von Morgenthau besprenget,
Von Frühroth angehauchh
Von Mittagsgluth versenget,
In Abendroth getaucht.
Der Frühling ist geschwunden,
Und anch der Sommer schwand,
Und immer kürzre Stunden
Das Licht am Himmel stand.
Die Liebe blickte streifend,
Von schiefer Sonnenbahn,
Mit Gluthen nicht ergreifend,
Mich matten Auges an.
Wie ist mir denn geworden,
Was ich noch hoffte kaum,
Im herbstumwölkten Norden,
Ein neuer Frühlingstraum!
Daß sich zum Licht erheben
Der Trieb noch einmal mag!
Das hast du mir gegeben,
Du letzter Sonnentag.
Du leizter Gruß der Wonne,
Du letzter Blick der Qual,
Du jüngste Liebessonne,
Du schöner Todesstrahl.
O neige schönheitstrunken
Dein Haupt am Himmel schief,
Und schleudre Blitzesfunken
Mir in die Seele tief.
Die blaue Luft des Auges
Erheitre mit dem Schein
Des Lächelns, und ich saug' es
Mit durstgen Fasern ein.
Laß alle Schleier fallen
Von deinem Angesicht,
Und es allein umwallen
Der Locken goldnes Licht.
Laß deinen Blick mir kosen,
Laß deinen Hauch mir wehn,
Bis alle Sehnsuchtrosen
An mir in Blüthe stehn.
Du sollst mich heiß nicht küssen,
Wie Sommersonnenbrand,
Nur leise niedergrüßen
Von deinem Himmelsrand.
In deinen Strahlen färben
Will ich mein letztes Grün,
Und, Sonnenopfer, sterben
An deiner Blicke Sprühn.