Ich fuhr auf schwankem Kahne

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Ich fuhr auf schwankem Kahne,
  Mit ungewissem Sinn,
  Im Lebensozeane
  Geworfen her und hin.
Alswie Odysseus weiland,
  Doch nicht mit seinem Muth.
  Da war vormir ein Eiland
  Gestiegen aus der Fluth.
Das Eiland der Sirenen
  Erkannt' ich am Gesang,
  Der so mit süßem Sehnen
  Zu mir herüber klang:
O Schiffer komm, und lege
  Den müden Nachen bei!
  Komm, und in stiller Pflege
  Werd' eitler Arbeit frei.
Wie lange willst du steuern
  Durch Müh' und Noth dein Schiff?
  Im Meer, dem ungeheuern,
  Befahren Klipp' und Riff?
Wie lange willst du schweifen
  Die Wogen auf und ab,
  Bis dich wird ein' ergreifen
  Und ziehn in's kalte Grab?
O gib des Lebens Kürze
  Nicht allen Winden preis!
  Komm, und den Becher würze
  Des Daseins dir mit Fleiß.
Hier winkt, dem lauten Tosen
  Entrückt der Menschenfluth,
  Das Eiland, wo auf Rosen
  Der ew'ge Friede ruht.
Hier brechen sich die Wogen
  Am sanften Borde kaum.
  Und haben nie betrogen
  Den Schläfer um den Traum.
Hier sind die kühlen Schatten,
  Wo leise Lüste wehn:
  Hier sind. die grünen Matten,
  Wo süße Quellen gehn.
Hier sind die Blüthenlauben,
  Hier ist der Baum mit Frucht,
  Des Herbstes reife Trauben,
  Des Frühlings Rosenzucht.
Der Frühling, den kein kalter
  Hauch eines Winters neckt;
  Die Jugend, die kein Alter
  Aus ihren Spielen schreckt
Was wohnen strenge Musen
  Am steilen Helikon?
  Am weichen Meeresbusen
  Ist unser Liebesthron.
Wo Amor ist der Schenke,
  Und Grazien Huris,
  Schlürft Seliigkeitsgetränke
  Anakreon-Hafis.

Anmerkungen

Anakreon

griechischer Lyriker

siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Anakreon

Hafis

persischen Dichter

siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Hafis