87.
Flügel! Flügel! um zu fliegen
Ueber Berg und Thal.
Flügel, um mein Herz zu wiegen
Auf des Morgens Strahl.
Flügel, über's Meer zu schweben,
Mit dem Morgenroth.
Flügel, Flügel über's Leben,
Ueber Grab und Tod.
Flügel, wie die Jugend hatte,
Da sie mir entflog,
Flügel, wie des Glückes Schatte,
Der mein Herz betrog.
Flügel, nachzufliehn den Tagen,
Die vorüber sind,
Flügel, Freuden einzujagen,
Die entflohn im Wind.
Flügel, gleich den Nachtigallen,
Wann die Rosen fliehn,
Aus dem Land, wo Nebel wallen,
Ihnen nachzuziehn.
Ach von dem Verbannungstrande,
Wo kein Nachen winkt,
Flügel nach dem Heimathlande,
Wo die Krone blinkt.
Freiheit, wie zum Schmetterlinge
Raupenleben reift,
Wann sich dehnt des Geistes Schwinge
Und die Hüll' entstreift.
Oft in stillen Mitternächten
Fühl ich mich empor
Flüglen von des Traumes Mächten
Zu dem Sternenthor.
Doch gewachsenes Gefieder
In der Nächte Duft,
Mir entträufeln seh' ich's wieder
An des Morgens Luft.
Sonnenbrand den Fittig schmelzet
Über stürzt ins Meer,
Und der Sinne Brausen wälzet
Ueber'n Geist sich her.