Herr Gott! einen Engel

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Herr Gott! einen Engel
  In dem Lande der Mängel,
  Einen selig geschmückten
  Doch zum Staube gedrückten,
  Einen anerkannten
  Himmelsabgesandten
  Den du herabgesendet,
  Und der zu dir gewendet
  Blickt auf zu allen Stunden,
  Hab' ich allhier gefunden,
  Habe mich ihm gesellet,
  Mich ihm zu Dienst gestellet
  Mit meiner Liedergabe,
  Die auch von dir ich habe.
  ch hab' ihm mit Liebkosen
  Gestreut auf die Pfade Rosen,
  Ich habe mit meinen Tönen
  Sein Leben wollen verschönen,
  Mit freundlichen Himmelsbildern
  Der Erde Rauhheit mildern.
  Der Engel hat angenommen
  Meine Dienste, die frommen,
  Er schien sich zu erfreuen
  An seines Dieners Treuen;
  Vor meines Liedes Fächeln
  Scheint ihm die Welt zu lächeln;
  Es macht ihm still Entzücken,
  Wie schön ich ihn kann schmücken.
  Herr Gott! laß diesen Engel,
  Diesen Lilienstengel,
  Blühen in deinem Thaue,
  Zum Schmuck der Erdenaue!
  Gib ihm heitere Mienen,
  Und mir gib, ihm zu dienen
  Zu einem Frühlingshauche,
  Dem er zu zittern nicht brauche,
  Dem er mit leisem Schwanken
  Das leise Spiel mag danken!
  Nicht hab' ich gelebt vergebens,
  Wenn dieses Engellebens
  Gesenkte Blüthen nach oben
  Durch meinen Hauch sich hoben.