Wie der Vollmond

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Wie der Vollmond
  Aus den Wolken der Nacht,
  Ist das Antlitz der Liebsten
  Aus den Schleiern
  Mir entgegen getreten
  Sanft mit Glanzblick
  Die Verwirrungen lösend
  Am dunklen Himmel der Seele.
Durch Wogenaufruhr,
  Stürmische See,
  Vom Heimathland
  Hinausgewiesen,
  Von Leitsternen verlassen,
  Trug mich einsamen
  Schiffer der Liebe
  Mein verlorener Nachen
Aber von leisen
  Liebestrahlen
  Meines Mondes berühret,
  Hat die Wellenempörung,
  Der gähnende Abgrund
  Unter mir,
  Sich zum freundlichen
  Spiegel des Himmels geglättet.
Ein Schmetterling
  Mit entfalteten Schwingen,
  Schwebt der bewimpelte Nachen,
  Mit Mondenlichtern
  Und Lüften spielend,
  Durch gekräuselte
  Blumen des Schaumes
  Ueber der grünen Meerflur.
Woher? wohin?
  Dort hinten, woher
  Die Fahrt mich trug,
  Dort hallet, im Zug des Nachtwinds,
  Gedämpftes Tosen
  Der Brandung nach,
  Die gegen den Strand
  Des Lebens sich bricht.
Heil dir, mein Nachen,
  Daß du entronnen
  Den Wirbeln bist!
  Und dort, wohin du strebest,
  Dort liegt das Land der Hoffnungen,
  Das Paradies der Wünsche,
  Der Hesperidengarten
  Der Inselhain der Seligen.
Gewürzte Lüfte
  Tragen die Liebes-
  Grüß' herüber
  Von nachtduftenden
  Wunderblumem
  Und Nachtigallen flöten
  Schlumnmerlieder
  Dem müden Schiffer entgegen.
Komm o müder
  Schiffer der Liebe,
  Sucher des Schönen,
  Sehnendes Herz!
  Aus dem schwankenden Nachen
  Komm an's Eiland der Ruh',
  Unter die wehenden
  Palmen des Friedens komm!
Ruhe dich aus, entschlummre!
  Und jener Mond,
  Deß Liebesantlitz
  Du sahst im Spiegel der Wasser,
  Als Glanzgestalt
  Der Liebsten tret' er
  Im sterngestickten
  Gewand der Nacht dir entgegen.