Wie die Engel möcht’ ich sein

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Wie die Engel möcht' ich sein
  Ohne Körperschranke;
  Deren Unterredung ein
  Tönender Gedanke.
Oder wie die Blum' im Thal,
  Wie der Stern in Lüften,
  Dessen Liebesruf ein Strahl,
  Deren Sprach' ein Düften.
Oder wie der Morgenwind,
  Der um seine Rose
  Aufgelöset ganz zerrinnt
  In ein Liebgekose.
Aermer ist die Nachtigall,
  Die nicht kann zerfließen,
  Sondern nur der Sehnsucht Hall
  Lässet sich ergießen.
Eine Nachtigall bin ich,
  Aber stumm geboren;
  Meine Feder spricht für mich,
  Doch nicht zu den Ohren.
Leuchtendes Gedankenbild
  Ist des Griffels Schreiben;
  Doch wo du nicht lächlest mild,
  Muß es tonlos bleiben.