Die Engelein, liebes Maidelein,
Sind auch wohl so schön, wie du, und so fein;
Halt daß wir sie nur nicht können sehen,
Wenn sie vom Himmel zur Erde gehen.
Wenn du's aber noch nicht weißt,
Wo die Engele wohnen zumeist,
Wenn sie vom Himmel zur Erbe kummen,
So will ich dir's sagen: das sind die Blummen.
Jegliche Blum' ist ein Gezelt,
Das sich ein Engelein hat bestellt,
Wo's von seiner Wanderung hält Ruh,
Bis's wieder fleugt dem Himmel zu.
Und's Engelein ist auf sein Häuslein bedacht,
Wie's jeder Mensch mit sei'm eigenen macht,
Es ziert's und schmückt's aus um und an,
Daß es ihm drinne gefallen lann.
Es holt sich goldigen Sonnenschein,
Und legt ihn rings außen ums Dächelein,
Es holt sich Farben mancherhand,
Und bemalt sich von innen des Häußleins Wand.
Es backt sich von Blumenmehl Himmelsbrot,
Daß es auf Erden nicht leidet Noth;
Es bräut sich aus Thau sein Tränklein frisch,
Und schickt sich in allem ganz haushälterisch.
Und das Blümmele hat recht seine Freud',
Wie sein Hausherr so drin schafft und bräut;
Und wenn's Engelein dann wieder gen Himmel wandert,
So fällt das Häuslein vor Weh auseinander.
Liebes Maidelein, wenn du dann
Willst allweil die Englein um dich han,
So mußt du's nur mit dein Blümlein halten,
So wer'n auch die Englein um dich walten.
Stell' eine Blume vor das Fenster dein,
So läßt sie dir keinen bösen Gedanken herein:
Stecke vor deine Brust einen Blumenstrauß,
So gehst du allweg mit einem Engelein aus.
Genieße Frühmorgens ein Lilienreis,
So bleibst du den ganzen Tag lilienweiß;
Stell' Nachts an dein Bett eine Rose zur Hut,
So wiegt dich ein Engel aus Rosen gut.
Kein arg Träumen kann dich schrecken,
Denn ein Engelein wird dich decken;
Und welche Träum' es zu dir läßt ein,
Das müssen gute Träume sein.
Wenn du dann in solcher Hut
Wirst träumen von meiner Liebegluth;
So denke, daß sie ist treu und rein,
Sonst ließ sie das Englein nicht zu dir ein.