Die Fensterbilder.

Ein guter Freund hat lassen schildern
  In einer Reihe Landschaftsbildern
  Sich alle die ihm liebsten Scenen
  Aus seiner Jugendwelt, auf denen
  Er was erlebt, erstrebt, erlitten,
  Und vorwärts, einen Schritt geschritten.
  O Jugendtraum wo du zerronnen,
  Was hätten bessres wir ersonnen,
  Als vor dem Geiste deine theuern
  Erinnerungen zu erneuern?
  Und wer sie besser nicht kann fassen,
  Mag sie in Farben malen lassen.
  Wo wird er sie nun lassen prangen?
  Er wird sie haben aufgehangen
  Genüber seinem Schreibetische,
  Damit sich dran sein Blick erfrische,
  Wenn etwan er die Lust verlieret
  Am Klassiker den er studiret.
  O nein! Er wohnt zu ebner Erde,
  Wo manche Störung und Beschwerde
  Ihm schufen die Vorübergeher.
  Neugierig müß'ge Fenstersteher;
  Den Einblick ihnen zu verbauen,
  Giebt ihnen Schönes er zu schauen:
  Es ist die neuste Kunsterfindung,
  So schön als nützlich in Verbindung.
  Die Bilder prangen nicht auf Leinwand,
  Sie aufzuhangen an der Steinwand,
  Sie sind gemalt aus dünne Fäden,
  Zu dienen statt der Fensterläden.
  Für den der draußen steht, vereinen
  Die einzlen Fäden sich und scheinen
  Ein ganzes Bild voll Farbenschimmer,
  Ihm leiht den dunkeln Grund das Zimmer;
  Doch dem, der sie besieht von innen,
  Sind sie durchsichtig, wie von Spinnen.
  So ist fein Fenster nun staffiret,
  Daß Niemand sieht, wie er studiret,
  Er aber kann gemächlich sehen,
  Die draußen vor den Bildern stehen;
  Er kann die Züge unterscheiden,
  Und sich an ihrem Staunen weiden;
  Das mag er zum Ersatze haben,
  Daß ihn die Bilder selbst nicht laben,
  Auf die er für die Welt verzichtet.
  So hab' ich für die Welt gedichtet.
  Doch außer dem, was ich geschaffen,
  Damit die Fremden es begaffen,
  Hab' ich auch was mich selbst erquicket,
  Und was noch hat kein Mensch erblickt.