Die Kreuzschnäbel.

Als unser Herr nun war an's Kreuz geschlagen,
  Erhoben alle Vögel Wehgeschrei,
  Nicht helfen konnten sie mit ihren Klagen,
  Da blieben stumm allein von allen zwei;
  Mit ihren Schnäbeln
  Als wie mit Hebeln
  Sie wollten lieber wagen,
  Ob auszuziehn die Nägel möglich sei.
Sie haben nicht die Nägel ausgezogen,
  Doch weil sie treulich sich bemüht am Kreuz,
  Sind sie vondannen hoehbelohnt geflogen
  Und ausgezeichnet von dem Herrn am Kreuz;
  Denn wie sie hackten,
  Die Nägel packten,
  Sieh ihre Schnäbel bogen,
  Und stehn nun krumm, gewachsen über's Kreuz.
Kreuzschnäbel heißen sie davon, lieb Aennchen,
  Die wunderbarsten flüglichten Geschlechts;
  Gekrümmet steht der Schnabel links dem Männchen
  Dem Weibchen steht gekrümmt der Schnabel rechts.
  Sieh wie sie hüpfen,
  Sieh wie sie schlüpfen
  Dort oben aus dem Tännchen
  Durch das Gehäng' des nadlichten Geflechts!
Die andern Vögel haben all' erkoren
  Sogleich um Ostern ihre Brütezeit;
  Sie aber sind dann ganz in Gram verloren,
  Und all ihr Sinnen ist dem Kreuz geweiht.
  Doch um Weihnachten,
  Wann sie bedachten,
  Daß Er nun wird geboren,
  Da sind ihr Nestlein sie zu bau'n bereit.
  Sie bau'n es unter'm frostigsten der Winde,
  Der niemals ihre Gluthen überwand;
  Und ihren Jungen ist's im Nest gelinde,
  Wenn ungelind es friert im ganzen Land.
  Doch wo sie brüten?
  Gott muß sie hüten,
  So daß ich, der ich finde
  Die Nester alle, nie doch ihres fand.