Die beiden Leuen.

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Auf der Kindheit frühsten Scenen
  Im Erinnerungsdämmerschein
  Seh' ich um mich stehn zwo Lenen,
  Beide meine Schwesterlein;
  Alles kam von denen,
  Was von zarter Poesie ist mein.
Mir dem Knaben nachgehboren,
  Sahn sie selbst einander nicht;
  Schon der einen war verloren,
  Eh' die andr' es sah, das Licht;
  Und ich war erkoren
  Beide zu vereinen im Gedicht.
Nach der ersten ging die zweite,
  Als sie mir gelächelt kaum;
  Standen mir darauf zur Seite
  Nur, wie noch sie stehn, im Traum,
  Blickten zum Geleite
  Mir hernieder aus des Himmels Raum.
Ob sie je den Blick entzogen,
  Wenn ich sein nicht würdig war?
  Aber niemals mir entflogen
  Meine Engel ganz und gar;
  Aus den tiefsten Wogen
  Sah ich hoch mein Sterne-Schwester-Paar.
Jede von euch heißet Lene,
  Doch der Nam' ist ganz nicht gleich.
  Voller heiß die Ein' Helene,
  Bild aus griech'schem Schönheitgreich,
  Aber Magdalene
  Hieß die andre herzempfindungsweich.
Ob Helen' ob Magdalene
  Erste oder zweite war,
  Weiß ich nicht, es ist Helene
  Nur mit Magdalen' ein Paar,
  Die nicht ohne jene,
  Beide miteinander immerdar.
O Helene, der Hellenen
  Schöne Klarheit strahle du!
  Magdalene, Magd in Thränen,
  Sehnen gieb und Friedensruh'
  Mir und allen denen,
  Die noch hören meinen Liedern zu!