Ew’ gen Frühling zu ertragen

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Ew' gen Frühling zu ertragen
  Fürchtet wohl ein blöder Mann,
  Dem kein reines Gut behagen
  Ohne Uebels Zuthat kann.
Und er meint, dazu erfunden
  Sei der Jahreszeiten Tanz,
  Daß ihm nach den trüben Stunden
  Neu gefalle Sonnenglanz.
Und Natur vom Sommerschweiße
  Müsse ruh'n im Winterfrost,
  Wie der Bau'r von seinem Fleiße;
  O wie nordisch ist der Trost!
Doch mir schwillt im Herzen südlich
  Unerschöpfter Schöpfungshort,
  Und wie Palmen unermüdlich
  Möcht' ich blühn in einem fort.
Wenn nicht liebten Nachtigallen
  Immer frisches Rosensprühn:
  Zögen sie, wenn unsre fallen,
  Dorthin wohl, wo neue blühn?
Diesen Zug kann ich begreifen,
  Aber minder jenen Trieb,
  Der sie macht gen Norden schweifen,
  Da es warm im Süden blieb.
Doch ich glaube nicht, daß ihnen,
  Selbst der Wechsel lieblich sei,
  Sondern daß sie nur erschienen
  Zu beleben unsern Mai;
Daß sie nicht als einen Segen,
  Sondern nur als einen Fluch,
  Tragen diesen unsertwegen
  Ueber sie ergangnen Spruch;
Und darüber nur sich trösten,
  Wenn sie frei von hinnen gehn,
  Und uns andre in den Frösten
  Gar gefangen bleiben sehn.
Wenigstens, hätt' ich die Züge!
  Meines Schicksals in der Hand,
  Nie gebraucht' ich meine Flügel,
  Um zu ziehn in's kalte Land.
Aus dem warmen, wo die Kühle
  Wohnt in jeder Schattenbucht,
  Und, wenn Sommerdurst ich fühle,
  Labt im Lenz des Herbstes Frucht
Und wenn ich im ew'gen Lenze
  Doch den Winter wollte sehn,
  Soll' an meines Thales Grenze
  Er gethürmt als Schneeberg stehn.
Ihn erstieg' ich, wenn ich brauchte
  Jahreszeitveränderung
  Bis der Vorwitz mir verrauchte,
  Und ich hätt' auf's Jahr genung.
Doch was sollte mich bethören,
  Des beliebten Wechsels halb
  Ihn hernieder zu beschwören
  In mein Thal von seiner Alp?
Grauer Winter, mit dem Alter
  Magst du droben dich erfreun,
  Niemals deine Flocken, kalter,
  Mir auf Au'n und Locken streun.
Ströme frischer Frühlingssaft zu
  Immer mir und meinem Hain;
  Und wir trauen uns die Kraft zu,
  Ein Jahrhundert jung zu sein.