An das Eichhorn.

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Ich bin in einem früheren Sein
  Einmal ein Eichhorn gewesen;
  Und bin ich's erst wieder in Edens Hain,
  So bin ich vom Kummer genesen.
Falb-feurig-gemantelter Königssohn
  Im blühenden grünenden Reiche!
  Du sitzest auf ewig wankendem Thron
  Der niemals wankenden Eiche.
Und krönest dich selber — wie machst du es doch? —
  Anstatt mit goldenem Reife,
  Mit majestätisch geringeltem, hoch
  Emporgetragenem Schweife.
Die Sprossendes Frühlings benagt dein sahn,
  Die noch in der Knospe sich ducken;
  Dann klimmest du laubige Kronen hinan,
  Dem Vogel in's Nest zu gucken.
Du lässest hören nicht einen Ton,
  Und doch es regt sich die ganze
  Kapelle gefiederter Musiker schon,
  Dir auszuspielen zum Tanze.
Dann spielest du froh zum herbstlichen Fest
  Mit Nüssen, Bücheln und Eicheln,
  Und lässest den letzten schmeichelnden West
  Den weichen Rücken dir streicheln.
Die Blätter haften am Baum nicht fest,
  Den fallenden folgst du hernieder,
  Und trägst, sie staunen, zu deinem Nest
  In ihre Höhen sie wieder.
Du hast den schwebenden Winterpalast
  Dir köstlich zusammengestoppelt:
  Dein Wärmstoff-haltendes Pelzwerk hast
  Du um dich genommen gedoppelt.
Dir sagt's der Geist, wie der Wind sich dreht,
  Du stopfest zuvor ihm die Klinzen,
  Und lauschest behaglich wie's draußen weht,
  Du frohster verzauberter Prinzen!
Mich faßt im Herbste, wie dich, ein Trieb
  Zu sammeln und einzutragen;
  Doch hab' ich, wie warm es im Nest mir blieb,
  Nicht dort dein freiee Behagen.
Beneiden möcht' ich den armen Mann,
  Der selber sein Holz geht holen;
  Er freut sich dann mehr, als der Reiche kann,
  Der speisebereitenden Kohlen.
So schrieb der Dichter bei Kerzenschein
  Im warmen heimlichen Zimmer;
  Und rrör' er, ein Eichhorn im Wald allein,
  Er schrieb' es den Winter wohl nimmer.