12.
So laut im Winterzimmer schmettert
Die Nachtigall,
Daß sich ein Frühlingshain beblättert
An ihrem Schall:
Zum blauen Himmel wird die Decke
Und jede Wand zur grünen Hecke,
Zur Schattengrotte jede Dunkelecke,
Des Vorhangs Wehn zu Bäche-Rieselfall.
Nur wenn der Himmel oft so schaurig
Durchユs Fenster schaut,
Dann klagt die Nachtigall so traurig
Den Klagelaut,
Als wollte sie ihr Loos verklagen,
Daß sie in Winterhaft muß schlagen,
Und schweigen einst, wann in beglücktern Tagen
Der freie Frühling seinen Tempel baut.
Doch laß dich das nur nicht verdrießen,
Und singe zu!
Ein Lenz muß auch im Winter sprießen,
Den wirkest du.
O Himmelskehl' im Zeitensfoste,
Du bist gegeben uns zum Troste;
Sing nur, und ob es dir die Seele koste,
In jede Seele Sehnsucht, Schmerz und Ruh'.