Wenn ich’s noch einmal erlebe

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Wenn ich's noch einmal erlebe,
  Daß es draußen Frühling werde,
  Sich des Todes Decke hebe,
  Und verjünget sei die Erde;
Allen Winter der Gedanken
  Will ich in der Stube lassen,
  Mit der Sinne frischen Ranken
  Die erneute Schöpfung fassen.
Keinen Gang will ich versäumen,
  Keinen Ausflug unterlassen,
  Keinen Augenblick verträumen,
  Keinen Wink der Lust verpassen.
Will vom Glanz der Morgensonne
  Bis zum Schein der Abendröthe
  Lauschen jedem Gruß der Wonne,
  Jagdhorn oder Hirtenflöte.
Jeden Ruf des Kukuks hören,
  Jeden Schlag der Nachtigallen,
  Lerchen in des Himmels Chören,
  Drosseln in des Waldes Hallen.
Will an jeder Ouelle trinken,
  Mich in jedem Schatten strecken,
  Jedem Strahl der Sonne winken,
  Mich in jedem Busch verstecken.
Jede Rose will ich pflücken,
  Die im Morgenthau sich badet,
  Mich nach jedem Veilchen bücken,
  Das mit stillem Duft einladet.
Will nach allen Lüften haschen,
  Will auf alle Schönen zielen,
  Will von allen Düften naschen,
  Will in allen Tönen spielen.
Will am Nichtsthun ganz genesen
  Vom Geschäft der langen Weile,
  Keine Zeile will ich lesen,
  Und nicht schreiben eine Zeile.