Zu meiner Liebsten war ich jüngst gegangen

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                   1817.

                      1.

Zu meiner Liebsten war ich jüngst gegangen,
  Und fand sie dort in ihrem stillen Zimmer,
  Von holder Ruh' auf weichem Sitz umfangen.

Sie war dabei im schönsten Putz, wie immer,
  Und von dem Tisch her trieb das Licht der Kerze
  Sein leises Spiel mit ihres Schmuckes Schimmer.

Es hätte lieber, als daran im Scherze,
  Im Ernst sich mögen an den Augen weiden,
  Doch war ihm das versagt zu seinem Schmerze:

Von Schlaf geschlossen waren sanft die beiden.
  Ich sah es, kam mit leisen Tritten nah
  Und setzte still mich neben ihr bescheiden.

Ich kann nicht sagen, wie mir da geschah:
  Ich hatte über sie mich hingebogen,
  Daß ich sie unter mir aufathmen sah.

Vom Duft des Schlummers, der in leisen Wogen
  Auf ihres Busens Füllen schwamm, empfand
  Ich einen Zauberkreis um mich gezogen;

Und ob die Scheu in mir gleich widerstand,
  Doch fühlt' ich mit dem Haupt vom Dufte trunken,
  Mich hingesunken an des Busens Rand.

Ich schien mir selber auch in Schlaf versunken;
  Nicht wundert mich's in diesem Anbetrachte,
  Daß es die zwei auch mochte so bedunken,

Die jetzund an zu sprechen fingen sachte.
  Wohl sollte, was sie sprachen, ihnen gelten++
  Allein nicht mir, der, ihnen unkund, wachte,

Denn so was hört ein Mensch im Wachen selten,
  Als ich gehört an jener Stelle meine
  Zu haben von Bewohnern zweier Welten.

Die Perle sprach mit einem Edelsteine.
  Gleich hatt' ich beid' erkannt an ihren Stimmen,
  Hatt' ich gleich reden hören nie noch eine.

Denn anders reden Perlen, welche schwimmen
  Auf Meeresfluth, als die im eignen Lichte
  Im dunkeln Erdschacht, Edelsteine, glimmen.
Da sprachen sie, was ich euch hier berichte.