Echo.

                          1812.

Ich wohn', umbaut von ew'gen Felsenwänden;
  Von Niemand wird mein Angesicht erblickt;
  Wer hören will, der darf zu mir sich wenden.

Einst fühlt' ich mich als eine Braut entzückt,
  Von eines ird'schen Jünglings Jugendprangen
  War ich, die göttliche, mit Lieb' umstrickt.

Wann er im thauigen Frühroth hergegangen
  Als Jäger kam, ward ich vom Schlummer wach,
  Um an der Sonne seines Blicks zu hangen.

Wann seines Jagdhorns liebeweckend Ach
  Zog durch die Wälder, öffnet' ich die Lippen,
  Und lispelt' es mit leisem Hallen nach.

Und ruht' er jagdmüd' aus an moos'gen Klippen,
  Kam ich als Hauch gezogen, ungesehn,
  Um durstig seiner Wange Brand zu nippen.

Er fühlte wohl mein Flüstern, Hauchen, Wehn,
  Doch seine Augen waren ihm verschlossen;
  Was er nicht sahe, konnt er nicht verstehn.

Er kos'te mit dem unsichtbar'n Genossen,
  Und breitete die Arme nach mir aus,
  Doch bald hatt' ihn das lust'ge Spiel verdrossen.

Von dannen zog er in der Jagd Gebraus;
  Die Lieb' erträumte mir des Fernen Nähe,
  Und einsam nicht wohnt' ich im Felsenhaus.

Bis einst, in eines Abends Dämmrung, wehe!
  Zur Heimath lenken wollt' er seinen Schritt
  Hin über meiner eignen Felsen Jähe.

Ich sah es, wie sein Fuß im Schwanken glitt;
  Mit meinem Hauche wollt' ich noch ihn halten;
  Mein eigner Hauch riß in die Tief' ihn mit.

Gebettet lag er auf den scharfen Spalten;
  Und eh' ich küssen konnte seinen Mund,
  Fühlt' ich den Zug des Odems schon erkalten.

Im Sterben ward ihm meine Liebe kund;
  Es zitterte mein ew'ger Felsenbau,
  Wie mit dem Sterbenden ich schloß den Bund.

Wehn ließ ich Seufzerlüfte lind und lau,
  Zu Leichenbalsam macht' ich Blumenseime,
  Und wusch den Todten mit des Abends Thau.

Aus Blumenstaube wölbt' ich das geheime
  Brautlager ihm, und haucht' in seine Gruft,
  Daß aus dem Tod als eine Blum' er keime.

Noch küss' ich ihn im Hauche jeder Luft,
  Noch hängt mein Liebesglück an meinem Lieben,
  Und liebend giebt er selbst zurück mir Duft.

Verschwunden ist er mir und doch geblieben;
  zwischen meinen Felsen klag' ich fort:
  Um mein zu werden, mußtest du zerstieben!

Du Trauernder dem auch des Schicksals Wort
  Gebrochen hat die junge Lust des Lebens,
  Komm nur und klag' in meinem Felsenport!

Du Sehnender, der du dem Ziel des Strebens
  Nicht nahen kannst, nah' meinem Schaitenhang
  Und rufe nur! du rufest nicht vergebens.

Ich will dir kommen in der Lüfte Klang,
  Ich will dich in der Blätter Säuseln grüßen,
  Dich trösten in der Quelle Murmelgang.

Aus meinen Blumen soll dir Wehmuth sprießen;
  Gefühlet hab' ich, was gefühlt du hast;
  So laß dein Klagen mild in's meine fließen!

Vereintes Klagen wird zum Jubel fast.