Adam und Eva.

  Herrlich war des Schöpfers Plage
Nun am sechsten Schöpfungstage
Mit Erfolg gekrönt, und ohne
Tadel stand der Schöpfung Krone,
Auch der Mensch, aufs Allerbeste,
Und zu Adam's Hochzeitsefeste
Fehlte eines, Eva nur.
Einsam war er auf der Flur
Eingeschlafen in Gedanken,
Die mit seinem Schöpfer zanken:
»Allen schuf er Lustgesellen,
In den Lüften, in den Wellen,
Wo mit Fischen Fische schlüpfen,
Wo mit Hirschen Rehe hüpfen,
Und mit Vögeln Vögel streichen,
Mir nur seh' ich keine gleichen.«
Selbst nun eine, die ihm gliche,
Dacht' er eine minnigliche.
Eine einzig minniglich
Dach' er in sich inniglich.
Doch der Schöpfer harrte nur,
Bis ihn fester aus der Flur
Eingewiegt die Frühlingslüfte.
Leis' eröffnet er die Hüfte,
Und den minnigsten Gedanken
Nahm er draus, um den in Schranken
Schönster Leiblichkeit zu hüllen
Und mit Sehnsucht auszufüllen
Eine Lücke, die entstanden
Dort, wo Eva kam abhanden.
Alles, was einst Menschen sollte
Fühlen welche lieben wollten,
Alle Fülle süßer Flammen
War in Adam's Brust beisammen;
Alle Anmuth, alle Schöne,
Alles, was einst seine Söhne
Sollt' an ihren Töchtern reizen,
War vereint in Eva's Reizen.
Lang' schon saß der Gottesschimmer
Vor ihm, und er schlief noch immer:
Endlich eines Blickes Wacht
Traf sein Aug', er war erwacht.
»Die du mir genüber sitzest,
Wie die Sonn' in's Auge blitzest,
Aus mir selbst bist du genommen,
Wie bist du dort hingekommen?
Mir, ich fühl's, gehörst du an,
Sei nicht ferne, komm heran«
Eva lächelte verlegen:
»Kommen soll ich dir entgegen?
Ko1nm' du doch entgegen mir!
Dich erwartend, sitz' ich hier.«
Und er ist zu ihr gekommen,
Und sie hat ihn angenommen.
Davon ist der Brauch entstanden,
Daß seitdem in allen Landen
Männer zu der Frauen Garten
Gehn, und Frauen sie erwarten.