XII. Inschriften griechisher Dichterinnen
Uebersetzung.
1. Nossis, die Dichterin.
Süßer denn alles ist Liebe, und über Lieb' ist auf Erden
Nichts; auch Honig und Meth reizet den Gaumen mir nicht.
So spricht Nossis, doch wen nicht Cypria liebte, der kennet
Ihre Rosen auch nicht, weiß nicht, wie lieblich sie blühn.
2. Baukis Grab.
Baukis ruhet in mir; o Wanderer, wenn du den Tränen
Hügel vorübergehst rufe zum Hades hinab:
»Hades, du Neider des Schönen!« Denn hier dies Trauergeprägt
Kündet dir einer Braut klägliches frühes Geschick;
Wie dieselbige Fackel, die ihr in's Gemach Hymenäos
Vortrag, ihr zu der Gruft senkte ein weinender Freund;
Und du, o Hymenäos, umstimmetest deiner Gesänge
Festlichen Hochzeitklang plötzlich in Trauergetön.
3. Das wohlgetroffene Bildniß.
Das ist Thymareta's Bildniß; o wie getroffen die Frische
Deiner Jugendlichkeit, Mädchen mit freundlichem Blick!
Ja, das Hündchen des Hauses, o seht, es wedelt dem Bilde,
Wähnend die eigne Gestalt seiner Gebietrin zu sehn.
4. Venus Standbild am Meerufer.
Kyprias Hain ist dieses; denn also gefiel es der Göttin,
Hier vom Ufer zu sehn über das glänzende Meer,
Daß sie glückliche Fahrt den Schiffern bringe, und ringsum
Vor ihr schweiget die Fluth, schauend ihr heiliges Bild.
5. Pan's Flötenspiel.
Was, o ländlicher Pan, im einsamen Schatten des Haines
Sitzend, flötest du hier lieblich aus tönendem Rohr?
»Das; mir die trächtigen Kühe, in diesem tauigen Gründen
Weidend, pflücken mit Lust heilsame Kräuter der Au.«