Bildhauerei.

  Mir ist ein stärker Werkzeug beigegeben,
Der widerspänst'gen Stoffe Trotz zu brechen.
Mein Meißel zwingt den Stein, daß er muß leben,
Und mit Geberde muß das Erz mir sprechen.
Nicht Fabel ist es vom Pygmalion,
Daß ihm den Stein belebet Götterthume,
Das ist der allgemeine Sinn davon:
Den Tod belebt die Liebesbrunst der Kunst.
Es klebt ein Hang mir an zum Heidenthume,
Nach dessen Bildern ich mich um hier sah;
Doch kann auch ich des wahren Gottes Ruhme
Wohl dienen, auch sein Bild nur bin ich ja.
Als Gott der Herr die spröde Erde nahm,
Und sie ein Mensch ward unter seinen Händen,
Aus Gottes Mund in ihn der Odem kam,
Der Mensch begann sein Angesicht zu wenden
Nach seinem Schöpfer, dankend für das Sein;
Das war das erste Bild, gemacht aus Erden,
Aus bloßer Erden, wie aus edlerm Stein
Kein gleiches künftig ward und keins wird werden.
Da gab der große Bildner zum Gedächtnis;
Der von ihm selbst geübten Bildnerei,
Dem Menschengeist das rühmliche Vermächtniß,
Daß unterthan ihm Stein und Erde sei,
Daraus zu machen Bilder, die ihm gleichen,
Nach der von Gott erschaffnen Urgestalt;
Doch weil der Menschengeist dem Herrn muß weichen,
So blieben solche Menschenbilder kalt.
Es hat der Mensch in seines Irrens Zeit,
Was seine Kunst aus ird'schem Stoff geknetet,
Zu seines Wahnes Götzen sich geweiht,
Und statt des wahren Gottes angebetet.
Die Götter sind vom Postament gestürzt,
Und werden nimmer wieder drauf gestellt;
Doch mein Beruf ist nicht dadurch verkürzt,
Mein Platz ist auch in der bekehrten Welt.
Man soll auch mich als Gottes Dienrin schaun,
Gleich Malerei, die mit den Farben blitzt;
Doch dazu muß vorerst ein Haus mir baun
Architektur die mir zur Rechten sitzt.