Auf der Wartburg/Die Sprache und ihre Lehrer

       Auf der Wartburg.

Auf der Wartburg sah ich neulich,
  Der Anblick war mir kaum erfreulich,
  Die Rüstungen so hingestellt,
  Als stäk' in jeder ein alter Held.
Der Helm saß oben, daß man glaubte,
  Er säße wirklich auf einem Haupte.
  Nach unten starrte der Panzer hin,
  Als sähen Arm' und Beine darin.
Von außen waren's ganze Ritter,
  Doch sah aus des Bisires Gitter
  Kein menschlich Angesicht heraus,
  Es war ein hohler Gespenstergraus.
Ich sprach: das sind dieselben Recken,
  Die uns seht in Romanen erschrecken.
  Die Panzer glänzen und rasseln wohl,
  Aber die Männer sind innen hohl.
Sie stehen steif und machen Parade,
  Sie haben kein Gesicht, das ist Schade.
  Und hätten sie Blut, Fleisch und Bein,
  So würden's wirkliche Ritter sein.

     Die Sprache und ihre Lehrer.

 Die Sprache ging durch Busch und Gehege,
   Sie bahnte sich ihre eigenen Wege.
   Und wenn sie einmal verirrt im Wald,
   Doch fand sie zurecht sich wieder bald,
   Sie ging einmal den gebahnten Steg,
   Da trat ein Mann ihr in den Weg.
   Die Sprache sprach: Wer bist du Dreister,
   Er sprach: Dein Lehrer und dein Meister.
   Die Sprache dacht' in ihrem Sinn:
   Bin ich nicht selber die Meisterin?
   Aber sie ließ es sich gefallen,
   Ein Streckchen mit ihrem Meister zu wallen.
   Der Meister sprach in einem fort,
   Er ließ die Sprache nicht kommen zum Wort.