Die Nachtigall.

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Ich war in Nacht geboren
  Als eine Nachtigall;
  Es zwang die Kraft der Schmerzen
  Schon früh aus jungem Herzen
  Den liederreichen Schall.
Doch einsam, wo ich lebte,
  Und düster war der Hain.
  Kein Meister, der mich lehrte,
  Kein Hörer, der mich ehrte;
  Ich sang für mich allein.
Ich träumte wohl, daß draußen
  Es gäbe Lebens viel,
  Ich hätt' es mögen sehen,
  Und dran vorüber gehen,
  Doch kam ich nie zum Ziel.
Gelähmet war mein Fittig
  Und ich in Einsamkeit;
  Nur Geister, die mir rauschten,
  Und Büsche, die mir lauschten;
  Und tief in mir mein Leid.
Da kam ein Geist und führte
  Mich doch in's Leben ein;
  Nun bin ich mitten drinnen,
  Und möchte nur entrinnen,
  Ein Käfig ist's allein.
Warum erst, wenn verloren,
  Erkennen wir das Glück?
  Wer bringt mich aus dem Scheine
  Des falschen Glücks in meine
  Waldeinsamkeit zurück?
Dort Echo, dem ich klagte,
  Hat niemals mich verhöhnt;
  Wem soll ich hier es sagen,
  Wo meinen Herzensklagen
  Kein Herz entgegen tönt!