Zweite Stufe 146., 147., 148.

                         146.

Empfindung ist vom Ding ein Zeichen, von Empfindung
  Ein Zeichen war das Wort in erster Spracherfindung.
Nun ist ein Zeichen vom Begriff das Wort allein,
  Und die Empfindung fügt sich nur nothdürftig drein.
Des Dinges Leben hat sirh aus dem Wort verloren.
  Wie die Empfindung zum Begriff sich umgeboren.
Wenn er zu höherer Empfindung sich erhebt,
  Dann ist mit dem Begriff wieder das Wort belebt.
Kein todtes Zeichen ist, kein Bild vom Ding das Wort,
  Es ist im Geist das Ding, des Geistes Zauberhort.
Des Dinges Wesen selbst ist in das Wort gebannt;
  Geschaffen ist das Ding, sowie das Wort genannt.
Laßt uns, eh' wir dnrch's Wort daß Wesen schaffen können,
  Der Zaubrin Phantasie Scheinbilderschöpfung gönnen!

                         147.

Dir wünsch' ich, Wanderer des Weges und des Lebens,
  Befriedigung der Lust, und Lust des Weiterstrebens,
Den Himmel blau und rein, die Lüste gleichgewägt,
  Und soviel Sonnenschein, als nur dein Aug' erträgt.
Und soviel Regen nur, daß über Nacht erlischt
  Der Staub, und Wald und Flur dir lächelt neu erfrischt.

                         148.

Krieg Aller gegen All' ist Sinn der Wissenschaft,
  Was Alles sein will, bleibt nothwendig mangelhaft.
Wo jeder will die Welt mit seiner Spann' ausspannen,
  In seiner Formeln Zwang die Kräft' und Geister bannen.
Wo jeder Denkherr flugs den andern stößt vom Thron;
  Was er dem Vater that, erwartet er vom Sohn.
So glauben alle, daß sie bis zum Ende drangen,
  Und jeder Folgende muss an von vorne fangen.
Der alte Brei wird umgerührt im neuen Topf;
  Was auf den Füssen stand, das steht nun auf dem Kopf
Las diesem Chaos uns der Meinungen entfliehn,
  Zurück in's heitere Gebiet der Kunst uns ziehn.