142.
Zu lernen halte nur dich nie zu alt, und lerne
Von denen, die von dir gelernt, nun wieder gerne.
Sie haben Manches wohl, was dir aus schlaffern Falten
Indeß entfallen, fest in strafferen gehalten;
Gebildet Manches aus, was du nur angelegt,
Zu Blüth' und Frucht gebracht, was du nur angeregt.
Nimmst du von ihnen nun, was sie von dir genommen,
So hast du schöner dich verjüngt zurück bekommen.
143.
Wenn dich ein Uebel trifft, so denk': es ist ein kleines,
Das Opfer, das du bringst für Großes Allgemeines.
Denn so gewoben ist der Welt Zusammenhang,
Geordnet so deß Tongewirrs Zusammenklang.
Die Webe wächst nur, wo der Faden wird geschlagen;
Der volle Wohllaut schwillt, wo einzle Flöten klagen.
Heil, wenn ein Faden nur, ein Flötenton du bist
Im großen Harmoniegeweb, das ewig ist.
144.
Wer fährt durch ein Gefild, sieht hinter sich versinken
Ein reizend Landschaftsbild, ein andres vorwärts winken.
Nicht halten kann er das, und dieses fest nicht fassen,
Vorübergleiten muss er eins ums andre lassen.
Im größern Maßstab nur und auf viel ernstre Weise
Erfährt dasselbe, wer durch's Leben macht die Reise.
Du hast es oft gehört; doch hast du's je gefühlt,
Wie schmerzenreiche Lust hinweg das Leben spült?
145.
Vollkommen lieb' ich nicht die Menschen, streng und heilig;
Sie wären unbequem und wären auch langweilig.
Einseitig lieb ich sie, natürlich und beschränkt,
Nicht übertrieben, krank, gebrechlich und verrenkt.
So lieb' ich sie, sich dar mir stellend in der Welt,
Und also fordr' ich sie vom Dichter dargestellt.
Wenn anders sie mir zeigt die Welt, muß ich's in Ruh
Ertragen, aber wenn das Buch, so mach' ich's, zu.