Damajanti nach diesem Wort
Des geflügelten Boten dort
War bei sich selber nicht weiter,
Sondern bei Kala, dem Streiter.
In Sinnen und Staunen versunken,
Wankend und schwankend wie trunken;
Bald das Auge gewandt nach oben,
Ihre Brust von Seufzern gehoben,
Bald das Antlitz gesenkt zu Boden,
Mit von Schluchzen beklemmtem Odem;
Die Wangen wechselnd roth and blaß,
Die Lippen trocken, die Augen naß,
Ihre Gedanken zerstreut wie ihr Haar,
Ach, ach! seufzte sie immerdar;
Bleich und mager,
Ruh' nicht findend auf Sitz und Lager,
Siech und krank,
Lust nicht habend an Speis' und Trank.
Da nahm der Jungfrau Gespielinnenschaar
An Geberden udn Zeichen wahr,
Daß ihre Fürstin nicht bei sich war.
Sie thaten es kund vor des Königs Ohren,
Das Damajanti die Ruh' verloren.
Als Bima, der Fürst, die Kunde voll Gram
Von Damajanti's Mägden vernahm,
Mit Sorgen dacht' er nach dem Großen,
Was seiner Tochter zugestoßen:
Warum ist nicht bei sich mein Kind?
Wie kam sie außer sich so geschwind?
Da erwägte das Königsgemüth:
Sie ist zur Mannbarkeit erblüht;
Und er beschloß, mit Festanstalten
Ihr eine Gattenwahl zu halten.
Er sendete seine Boten aus,
Einzuladen von Haus zu Haus
Die Könige, die sich fanden
In allen indischen Landen:
Kommt, ihr Helden, allzumal
Zu Damajanti's Gattenwahl!
Der, welchen sie selber wird erkühren,
Wird heim die Allerschönste führen.
Als die König' und Königssöhne
Vernahmen die willkommnen Töne,
Strömten sie, werbend um die Schöne,
Vom Morgen- bis zum Abendroth
Zusammen zu Bima's Gastgebot,
Mit Elephant-Roß-Wagentos die Welt erfüllend,
Das Firmament mit Staub verhüllend,
Mit Kränzen geschmückt, in Feierpracht,
Gefolgt von prunkender Heeresmacht.
Und die versammelten Völkerhirten
Begann nach Würden zu bewirthen
Bima; sie wohnten geehrt in Behagen.
Aber es ging in diesen Tagen
Rarada, der die Krone war
Der heiligen Einsiedlerschaar;
Indem er sich zum Gefährten
Parwata nahm, den verklärten,
Ging er aus der Staubwelt der Grüfte
Hinauf in das Reich der himmlischen Lüfte,
Wo der Garten der Luft sich entfaltet,
Dessen der König Indra waltet.
In den schwebenden Wonnehain
Traten die beiden Waller ein,
Und froh hieß Indra die Frommen
In seiner Wohnung willkommen.
Der Firmament-Herr, ihnen sich neigend,
Ihnen gebührende Ehr' erzeigend,
Fragte, sie zu verbinden,
Nach ihrem und der ganzen Welt Befinden.
Rarada:
»In uns, o Herr, ist Wohlergehen
Und allseitiges Wohlbestehn;
Auch rings in der Welt, o Lüftewalter,
Ist jeder Stand und jedes Alter
Wohlbehalten, o Wohlbehalter!«
Wie er ghört das Raradawort,
Fragte der mächtige Weltenhort:
»Über die Landbeschützenden,
Ihr Blut im Kampf Versprützenden,
Die da mit Unverwandtem Blick
Entgegengeh'n dem Waffengeschick,
Denen die unvergängliche
Wohnung, die überschwängliche,
Meine Luftwelt hier ist aufgethan,
Der sie sonst mit Gedränge nah'n;
Wo sind nun die Rittergeschlechter?
Nicht seh' ich die Heldenfechter
Kommen hieher zum Feste,
Meine geliebten Gäste.«
Als der Gewaltige so ihn fragte,
Antwortete Rarada nnd sagte:
Laß, o Machthaber, dir melden,
Warum man jetzt nicht siehet hier die Helden.
Des Widarbakönigs Geborne,
Damajanti, die hocherkorene,
Die aus irdischen Auen
Raget vor allen Frauen,
O Mächtiger, deren Gattenwahl
Wird in Kurzem sein zumal.
Dahin ziehen nun allerseits
Die Fürsten, vergessend Kampfs and Streits,
Weil einzig ihr Sinn gestellt ist
Auf sie, die die Perle der Welt ist.«
Als dieses dort ward so verhandelt,
kamen zu Indra hereingewandelt
Seine Genossen, die andern drei,
Die ihm wohnen zum Weltrath bei,
Agni, der das Feuer gestaltet,
Waruna, der des Gewässers waltet,
Und Jama, der hält den Erdengrund.
Als sie nun dort aus Rarada's Mund
Hörten den großen Bericht,
Sprachen sie froh von Angesicht:
»Warum gehn wir selber nicht?«
Und alsbald mit Wonnebehagen
Brachen sie auf mit Roß and Wagen,
Indra an ihrer Spitze,
Und fuhren dahin wie Blitze,
Lenkend nach den Widarbafluren,
Wohin jetzt alle Könige fuhren.
Aber Ral, der von Liebe litt,
Wie er vernahm den Zusammentritt
Der Fürsten zu Damajanti's Wahl,
Schritt er dahin in's Widarbathal,
Von Liebesflügeln getragen,
Er brauchte nicht Roß and Wagen.
Diesen, wie sie zur Hochzeit gehn,
Sahn die Götter am Wege stehn,
Wie einen Strahl der Sonne,
Und staunten ihn an in Wonne.
Die vier, der Elemente waltend,
Ihre Wagen in der Luft anhaltend,
Die Himmlischen riefen munter:
Zum Rischadafürsten herunter:
»He he! Rischader! Heeerebrecher!
Ral Pundjaslocka, Wahrheitsprecher!
Willst du uns einen Dienst erweisen,
Willst du für uns als Bote reisen?«