76.
Lade die Welt zum Feste der Lust, o Flötengetön!
Werke das Herz und schwelle die Brust, o Flötengetön!
Irdisches Rohr! zu schwellen beginnt dich himmiischer Hauch;
Trage die Seel' empor aus dem Dunst, o Flötengetön!
Winter und Gram hat Welt und Gemüth umzogen mit Eis;
Löse das Band und sprenge die Kraft, o Flötengetön!
Rauschte das Meer, und braus'te der Sturm? du hobest die Stimms',
Und die der Welt hat schweigen gemußt, o Flötengetön!
Nicht in der Nacht der Wälder hat Pan dich hauchend geweckt,
Sondern dich spielt die Still' in der Brust, o Flötengetön!
Droben die Stern' am Reihen, sie steh'n, es führet zum Tanz
Niemand sie auf, wenn du es nicht thust, o Flötengetön!
Siehe, da tönt der Reigen, und horch die Lauf' Anahid's
Spielet, so oft aufathmend du ruh'st, o Flötengetön!
Sage, wo schwebt, im Glanze verhüllt, die Liebe dahin?
Sag, ob sie aus Milchstraßen dort faßt, o Flötengetön!
Seit mir einmal gezogen durch's Herz, ihr lächelnder Duft,
Athm' ich nur sie, dir ist es bewußt, o Flötengetön!
Ob sie mich liebt? und wie ich sie lieb', ob das ihr geliebt?
Sag' du es mir, weil wissen du's mußt, o Flötengetön!
Seit ich gewann die Hoffnung zu ihr, verlor ich die Welt;
Sag' ihr mein Glück und meinen Verlust, o Flötengetön!
Hier aus dem Schrein, den ihr ich gebaut, aus hab' ich gekehrt
Willen, den Staub, und Wissen, den Wust, o Flötengetön!
Sag' es ihr, wirb, und ziehe sie her, mir wieder an's Herz,
Goldengelockt und filbergebus't, o Flötengetön!
Siehe, sie kommt, die Perle des Meer’s, die glänzende Braut,
Füllend mit Glanz die Muschel der Brust, o Flötengetön!
Wölbe zum Dach den Himmel, zum Pfühl die Erde, und stirb,
Säuselnd in Freimunds bräutliche Lust, o Flötengetön!